23:30 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörbuchaufnahmen. Im genannten Verfahren am Amtsgericht Leipzig bestritt der beklagte Anschlussinhaber, das streitgegenständliche Hörbuch über eine Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Zu den Verletzungszeitpunkten sei er arbeiten gewesen. Zuhause hätten sich jedoch die Lebensgefährtin sowie der damals 11-jährige Sohn aufgehalten, welche grundsätzlich als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/02/AG_Leipzig_104_7366_16.pdf
Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser
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Im Rahmen der im Anschluss durchgeführten Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass die Rechtsverletzung tatsächlich vom Sohn des Beklagten begangen wurde. Das Amtsgericht Leipzig verurteilte den Beklagten dennoch vollumfänglich zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche, da er den Sohn nicht ausreichend in Bezug auf ein Verbot zur Teilnahme an Tauschbörsen belehrt hatte.
Insoweit gab der Beklagte an, seinen Sohn lediglich dazu aufgefordert zu haben, das Internet ausschließlich für schulische Belange zu nutzen. Die als Zeugin vernommene Lebensgefährtin bestätigte zudem eine Belehrung des Sohnes nur dahingehend, „dass er nicht einfach etwas downloaden soll und nie was gefährliches macht“.
Dies entspreche jedoch nicht den Anforderungen an eine ausreichende Belehrung, denn es „enthält keine für das Kind verständliche Erklärung, was es an rechtswidrigen Downloads im Internet gibt“. Für die Wahrung der Aufsichtspflichten sei es deshalb notwendig, „ein Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm die Teilnahme daran zu verbieten […]“.
Da der Beklagte dies jedoch offensichtlich versäumt habe, hafte er gemäß § 832 BGB vollumfänglich für die Rechtsverletzung seines Sohnes. Im Übrigen bestätigte das Amtsgericht Leipzig auch die Höhe der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten sowie des Lizenzschadens.
AG Leipzig, Urteil vom 30.01.2017, Az. 104 C 7366/16
(…) Ausfertigung
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung 1Aktenzeichen: 104 C 7366/16
Verkündet am: 30.01.2017
[Name], Justizobersekretärin
Urkundsbeamter/in der, GeschäftsstelleIM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name],
– Beklagter –Prozessbevollmächtigte: [Name],
wegen Urheberrecht
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 am 30.01.2017
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.Beschluss:
Der Streitwert wird auf 956,00 EUR festgesetzt.Tatbestand
Die Klägerin ist Rechteinhaberin des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG für das Hörbuch [Name].
Das Werk wurde am Freitag, [Darum ] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr über die IP [IP-Adresse] unerlaubt zum Download angeboten. Als Inhaber der IP zum streitgegenständlichen Zeitpunkt wurde der Beklagte ermittelt. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt. Er wurde zur Zahlung von 300,00 EUR Schadensersatz und 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten, ausgehend von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR aufgefordert.
Die Klägerin behauptet, der Sohn des Beklagten [Name] und seine Lebensgefährtin [Name] hätten zum streitgegenständlichen Anspruch den Internetanschluss nicht benutzt und die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.12.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.12.2015 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Der Beklagte macht geltend, er habe das streitgegenständliche Werk nicht heruntergeladen und auch nicht an andere Nutzer der Tauschbörse verteilt. Er sei zum Tatzeitpunkt arbeiten gewesen. Die Klagepartei werde durch die illegalen Angebote ihrer geschützten Werke nicht geschädigt, da hierdurch die Werke bekannter würden und auch mehr Menschen auf legalem Wege Rechte daran erwerben würden.
Der Beklagte bestreitet, dass die Ermittlung der Rechtsverletzung ausschließlich anhand geprüfter Dateiversionen erfolgt. Er bestreitet ferner die Ausführung der Klagepartei zu der Ermittlung durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS).
Er trägt vor, er habe zu dem damaligen Zeitpunkt mit seinem Sohn [Name] und seiner Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt zusammengewohnt. Alle hätten gleichberechtigt Zugang zum Internet gehabt. Sie hätten alle neben einem Mobiltelefon selbst einen PC oder ein Notebook zur Verfügung gehabt. Sein Sohn und seine Lebensgefährtin seien an diesem Tag zu Hause gewesen und hätten Gelegenheit gehabt, die Tat zu begehen. Er habe seinen Sohn belehrt und aufgefordert, den Zugang im Rahmen seiner Kenntnis und Fähigkeiten zu nutzen und nicht für illegale Downloads zu verwenden.
Es wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen [Name]. Der Zeuge [Name] hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Einvernahme der Zeugin [Name] wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.12.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in dem tenorierten Umfang gemäß § 97 UrhG, §§ 823, 832 BGB, 85 UrhG für die ungenehmigte öffentliche Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Hörbuches, dessen Rechteinhaber die Klägerin ist.
Die Klägerin stehen die Rechte an dem Hörbuch gemäß §§ 85, 16, 17, 19a UrhG zu. Diese Rechte wurden vom Sohn des Beklagten widerrechtlich verletzt. Dies steht aufgrund der Beweisaufnahme fest. Aus der Zeugenaussage von [Name] ergab sich, dass ihr Sohn die Verletzung ihr gegenüber zugegeben hat. Die Zeugin versuchte ihre Aussage zu tätigen, ohne sich diesbezüglich festlegen zu müssen, musste die Rechtsverletzung aber schließlich doch einräumen. Auch der Beklagte selbst hat in seiner Anhörung implizit zugegeben, dass sein Sohn die Rechtsverletzung begangen hat, da er gesagt hat, nach dem Vorfall habe er ihm das Internet weggenommen. Die Rechtsverletzung durch den Sohn erfolgte zumindest fahrlässig. Für diese Rechtsverletzung haftet der Beklagte gemäß § 832 BGB als Aufsichtspflichtiger.
Denn der Beklagte ist dafür beweisfällig geblieben, dass er seinen Sohn hinreichend belehrt hat. Für die Gewährung der Aufsichtspflicht reicht es, ein Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm die Teilnahme daran zu verbieten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013, Az. 1-6U 96/13). Eine solche Belehrung ist jedoch ausweislich der Beweisaufnahme nicht erfolgt.
Die Zeugin hat dazu bekundet, sie hätten ihn belehrt, dass er nicht einfach etwas downloaden soll und nie etwas Gefährliches macht. Sie hätten ihm gesagt, dass er nicht auf irgendetwas klicken soll. Dies reicht für eine Belehrung nicht aus, denn dies enthält weder keine für das Kind verständliche Erklärung, was es an rechtswidrigen Downloads im Internet gibt.
Das Gericht ist allerdings auch nicht davon überzeugt, dass überhaupt durch die Zeugin oder den Beklagten vor der Abmahnung wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung Belehrungen erfolgt sind. Die Aussage der Zeugin war nicht davon geprägt, gegenüber dem Gericht die Wahrheit sagen zu wollen. Vielmehr machte sie den Eindruck als wollte die Zeugin die Wahrheit vor dem Gericht verbergen. Sie fühlte sich vom Gericht nach den Nachfragen unter Druck gesetzt. Sie wollte beispielsweise nichts dazu sagen, ob sie das streitgegenständliche Hörbuch gehört hat. Es erscheint deshalb auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass auch die Zeugin selbst von der Nutzung der Filesharingsoftware profitiert hat. Insofern erscheint es auch nicht völlig fernliegend, dass eine entsprechende Belehrung nun nachträglich erfunden wird, um die Familie vor Schadensersatzansprüchen zu schützen.
Nachdem man die Belehrung in der Klageerwiderung auch äußerst dürftig geschildert hatte, hat der Beklagte selbst nach der Einvernahme seiner Lebensgefährtin angegeben, er habe seinen Sohn belehrt und ihm gesagt, dass er den Rechner nur für schulische Belange nutzen solle. Das Gericht glaubt dem Beklagten dies Einlassung nicht. Hätte er eine so einfache Anweisung seinem Sohn gegeben, wäre seine Lebensgefährtin durchaus in der Lage gewesen, eine so prägnante und einfache Anweisung wiederzugeben.
Da die Täterschaft des Sohnes des Beklagten feststeht, kommt es auf das Bestreiten des Beklagten zur Vorermittlung und Ermittlung durch das. Peer-to-Peer Forensic System nicht an.
Das Gericht schätzt den Schaden auf 450,00 EUR gemäß § 287 ZPO. Dieser Betrag erscheint für ein Hörbuch angemessen.
Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen, durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe gemäß § 97a Abs. 1 UrhG, § 832 BGB. Der Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Unterlassungsbegehren ist ausgehend vom Interesse des Anspruchsinhabers zu bewerten. Bei Schätzung des Gegenstandswertes ist zu berücksichtigen, dass neben dem Unterlassungsanspruch auch der Schadensersatzanspruch Gegenstand der Abmahnung war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrungen:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden istDer Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.
Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim
Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 09,
04107 Leipzigeingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder
b) das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim
Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzigeinzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.
Beschwerdefrist:
Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)
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AG Leipzig, Urteil vom 30.01.2017, Az. 104 C 7366/16
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