23:12 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Leipzig gerichtlich in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte die persönliche Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung bestritten.
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Bericht
Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Franziska Hörl
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Nachdem sie außergerichtlich noch behauptet hatte, alleine in ihrer Wohnung gelebt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, behauptete sie im gerichtlichen Verfahren nunmehr, dass neben ihr auch ihr Freund in der Wohnung gelebt und das Internet genutzt habe. Sie gehe zudem davon aus, zur streitgegenständlichen Zeit ihrer Arbeit nachgegangen zu sein. Ihr Computer, auf welchem ohnehin keine Filesharing-Software installiert gewesen sei, wäre zur Zeit der Rechtsverletzung abgeschaltet gewesen. Ob ihr Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht.
„Auch die sogenannte „Afterlife“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht.“
Das Amtsgericht sah die sekundäre Darlegungslast mit diesem Vorbringen bereits aufgrund der Widersprüchlichkeiten zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sachvortrag als nicht erfüllt an. Zudem habe die Beklagte keinerlei Nachforschungen in Bezug auf die Rechtsverletzung angestellt und lediglich pauschal auf einen vermeintlichen „Hackerangriff“ verwiesen.
„Der Vortrag der Beklagten ist zum einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss „gehackt“ wurde.“
Im Ergebnis sei daher von der eigenen Verantwortlichkeit der Beklagten auszugehen. Zudem erachtete das Amtsgericht auch den geltend gemachten Lizenzschadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR für ein Filmwerk als angemessen:
„Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software.“
Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.
AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17
(…) – Ausfertigung –
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung IAktenzeichen: 118 C 1559/17
Verkündet am: 23.06.2017
gez. [Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: Waldort Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name],
– Beklagte –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 01277 Dresden,
wegen Urheberrecht
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2017 am 23.06.2017
für Recht erkannt:
1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg, Az: [Aktenzeichen] wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung.
Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Rechte am Film [Name] zu sein. In diese die Rechte der Klägerin hat die Beklagte eingegriffen, indem sie sowohl am [Datum] als auch am [Datum] diesen unter Nutzung einer Filesharing-Software der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt habe. Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden entstanden, der jedenfalls mindestens 1.000,00 EUR ausmach. Darüber hinaus habe die Klägerin auch Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.
Die Klägerin hat im Mahnverfahren Ansprüche auf Bezahlung in Höhe von 1.107,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem [Datum] geltend gemacht.
Wegen dieser Forderung erging ein Vollstreckungsbescheid, der der Beklagten am [Datum] zugestellt wurde. Am [Datum] hat die Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg aufrechtzuerhalten.Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Beklagte hatte ursprünglich außergerichtlich behauptet, die Wohnung zum Zeitpunkt des Verstoßes allein genutzt zu haben. Nunmehr behauptet sie, dass zum damaligen Zeitpunkt auch ihr Freund dort gewohnt habe. Nach dem sie ursprünglich behauptet hatte, zum Zeitpunkt des Verstoßes arbeitslos gewesen zu sein, behauptet die Beklagte nunmehr davon auszugehen, zum damaligen Zeitpunkt einer Arbeit nachgegangen zu sein und den Computer abgeschaltet zu haben. Ob der Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht. Auf ihrem Computer seien jedenfalls keine Filesharing-Programme. Da der Anschluss der Beklagten ordnungsgemäß gesichert gewesen sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen zur Akte gereichen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR aus § 97 UrhG zu.
Zugunsten der Klägerin spricht durch die Veröffentlichung im Internet mit dem dort enthaltenen Vermerk auf die Rechteinhaberschaft entsprechend § 10 Abs. 1 UrhG eine Vermutung, dass diese Urheber und Hersteller und damit Inhaber der Nutzungs- und Verwertungsrechte ist.
Die Beklagte hat in diese Rechte der Klägerin durch das Zurverfügungstellen des Filmes am [Datum] und [Datum] widerrechtlich eingegriffen.
Unstreitig war die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin des Internetanschlusses mit angeschlossenem WLAN. Auch die sogenannte „Afterlife“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht. Den Anschlussinhaber trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat dabei zunächst vorzutragen, ob und wenn ja welche anderen Personen selbständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten, und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Darüber hinaus hat er im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Nachforschungen zu der Verletzungshandlung anzustellen. Dem wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Der Vortrag der Beklagten ist zum Einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss „gehackt“ wurde.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing-Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing-Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software. Bezüglich der Rechtsverfolgungskosten stellen diese, soweit sie auf den Schadenersatzanspruch gestützt werden, eine Nebenforderung dar. Die weiteren Rechtsanwaltskosten sind im Hinblick auf den nicht mehr geltend gemachten Unterlassungsanspruch nunmehr Hauptforderung und werden im Rechtsstreit auch als solche geltend gemacht.
Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 286,288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrungen:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist
Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.
Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim
Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzigeingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,
– wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder
– das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.
Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim
Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzigeinzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.
Beschwerdefrist:
Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
[Name]
Richter am AmtsgerichtFür den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
Leipzig, 26.06.2017
[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)
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AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17
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