00:16 Uhr
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR
Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wordpress
Bericht
Link:
http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/?p=5334
Urteil als PDF:
http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wordpress/wp-content/uploads
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Das OLG Hamm bestätigte in einer aktuellen Entscheidung die Rechtsauffassung der Nimrod Rechtsanwälte:
In den Gründen des Urteils heißt es: der Vater des am 12.10.1999 geboren Beklagten ist Inhaber eines Internetanschlusses. Von diesem Anschluss wurde an drei unterschiedlichen Zeitpunkten ein Spiel der Klägerin, von den Nimrod Rechtsanwälten vertreten, herunter und wieder hochgeladen.
Der Anschlussinhaber wurde im September 2012 abgemahnt und zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Nachdem die Bevollmächtigten der Klägerin gegen ihn eine einstweilige Verfügung erwirkten, wurde diese nach Widerspruch wieder aufgehoben. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass der nunmehrige Beklagte von seinen Eltern sehr nachhaltig auf die Gefahren des Internets hingewiesen worden sei. Es sei verboten worden insbesondere Filesharing zu betreiben.
Daraufhin mahnten die Nimrod Rechtsanwälte den minderjährigen Beklagten ab. Sie forderten ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, zur Freistellung von den durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten und zur Zahlung von Schadensersatz auf. Diese Aufforderung blieb ohne Erfolg.
Daher nahmen die Nimrod Rechtsanwälte den minderjährigen Beklagten gerichtlich in Anspruch.
Das erstinstanzlich entscheidende Landgericht Bielefeld gab den Anträgen der Nimrod Rechtsanwälte vollumfänglich statt. In der mündlichen Verhandlung forderte die Bevollmächtigte des Beklagten ausdrücklich die Nimrod Rechtsanwälte dazu auf, sämtliche abmahnenden Kanzleien Unterlassungserklärungen anzunehmen. Selbstverständlich wurde dies abgelehnt.
Mit der nunmehr vorliegenden Berufung versuchte der Beklagte zu argumentieren, dass er trotz der erfolgten Belehrung durch seine Eltern nicht schuldhaft gehandelt haben könne. Er sei trotz dessen nicht einsichtsfähig. Dabei übersah die Beklagtenseite, dass die Einsichtsfähigkeit nach § 828 Abs. 3 BGB vermutet wird. Das nicht Vorliegen der Einsichtsfähigkeit musste daher von ihm bewiesen werden.
Dies konnte er selbstverständlich nicht.
Im Ergebnis verurteilte das Oberlandesgericht Hamm den minderjährigen Beklagten
– zur Unterlassung,
– zur Zahlung von 510,00 EUR Schadensersatz,
– und die Klägerin von Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 9.000,00 EUR bei einem Gebührenfaktor von 1,5 freizustellen.
Die Verfahrenskosten insgesamt belaufen sich auf etwa 3.000,00 EUR.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts entsprach exakt den Anträgen der Nimrod Rechtsanwälte.
Vor diesem Hintergrund ist bedauerlich, dass Eltern sich immer wieder, unter Rückgriff auf die sogenannte „Morpheus“-Rechtsprechung, „hinter ihren Kindern verstecken“ und meinen wegen der erfolgten Belehrung keinen Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Im Ergebnis muss ein junger Mensch nun mit einer erheblichen Last in sein volljähriges Leben treten.
Die Nimrod Rechtsanwälte halten es indes für die moralische Pflicht von Eltern Schäden, die ihre Kinder verursacht haben, zu regulieren und den Ausgleich familienintern vorzunehmen. Das Urteil kann hier abgerufen werden. Es wird im nächsten Heft des IP Rechtsberaters ausführlich besprochen werden. Wir werden berichten.
OLG Hamm, Urteil vom 28.01.2016, Az. I-4 U 75/15 (Volltext)
Vorinstanz: LG Bielefeld, Az. 4 O 211/14
(…) hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 28.01.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht [Name], Richter am Oberlandesgericht [Name] und den Richter am Oberlandesgericht [Name] für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 04.03.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten der Rechtsanwälte [Name], in Höhe von 780,50 EUR freizustellen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 510,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 03.11.2013 zu zahlen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, es zu unterlassen, das Computerspiel [Name] in sogenannten „P2P-Netzwerken“ drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist, wie geschehen am 25.08.2012, am 01.09.2012, am 08.09.2012 und am 09.09.2012 mit Hilfe des Filesharingprogramms („Client“) „µTorrent“ über den Internetanschluss des Vaters des Beklagten.
Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Unterlassungsverpflichtung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte, jedoch mit Ausnahme der durch die Anrufung des Amtsgerichts Charlottenburg entstandenen Mehrkosten, die der Klägerin auferlegt werden.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Gründe
A.
Die Klägerin befasst sich mit der Herstellung, der Vermarktung, dem Vertrieb und der Lizenzierung von Software, insbesondere von Entertainment-Software. Sie ist – aufgrund eines Lizenzvertrages vom 23.08.2011 (Blatt 11-17 der Gerichtsakte) – ausschließliche Inhaberin der weltweiten Produktions-, Vervielfältigungs-, Bewerbungs- und Vertriebsrechte für das von der [Name] entwickelte Computerspiel [Name]. Die Klägerin führte zunächst die Firma [Name] seit Juli 2015 firmiert sie unter [Name].Bereits kurz nach dem Beginn des Vertriebs des vorgenannten Computerspiels tauchten „Raubkopien“ der Software in „Internet-Tauschbörsen“ auf. Die Klägerin beauftragte daraufhin ein hierauf spezialisiertes Unternehmen, [Name] mit der Überwachung des Internets.
Der Vater des am [Datum] geborenen Beklagten ist Inhaber eines Internetanschlusses. Von diesem Anschluss aus wurde am 25.08.2012, am 01.09.2012, am 08.09.2012 und am 09.09.2012 mit Hilfe des Filesharingprogramms („Client“) „µTorrent“ die Datei [Name] die das hier in Rede stehende Computerspiel enthielt, in das Internet hochgeladen. Das Filesharingprogramm „µTorrent“ stellt Verbindungen („Peer-to-Peer-Netzwerke“ / „P2P-Netzwerke“) mit anderen Rechnern her, um über diese Verbindungen unter Nutzung des Filesharing-Protokolls „BitTorrent“ Daten herunter- und wieder hochzuladen und auf diese Weise zwischen den Beteiligten des P2P-Netzwerkes auszutauschen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28.09.2012 (Anlage ASt 10 in der Beiakte 15 0 517/12 LG Berlin = 24 U 40/13 Kammergericht) mahnte die Klägerin zunächst den Vater des Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses ab und forderte ihn zur Unterlassung, zur Leistung von Schadensersatz und zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten auf. Der Vater des Beklagten antwortete hierauf mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.10.2012 (Blatt 31-32 der Beiakte). Die anwaltliche Vertreterin des Vaters des Beklagten, die auch die jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist, teilte hierin sowohl im Namen des Vaters des Beklagten als auch im Namen des Beklagten mit, die in Rede stehende Software sei vom Rechner des Beklagten hochgeladen worden, obwohl dieser von seinen Eltern die „ausdrückliche Anweisung“ erhalten habe, „auf gar keinen Fall Spiele, Musik, Filme oder gar PC-Programme aus dem Internet herunterzuladen oder das Internet entsprechend zu nutzen“. Die Klägerin beantragte gleichwohl vor dem Landgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vater des Beklagten, die das Landgericht Berlin auch zunächst antragsgemäß am 06.11.2012 im Beschlusswege erließ. Der Vater des Beklagten erhob hiergegen Widerspruch. Seine anwaltliche Vertreterin (die jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten) führte in ihrem Widerspruchsschriftsatz vom 16.11.2012 (Blatt 28-34 der Beiakte) aus, die Eltern des Beklagten hätten diesen vor den in Rede stehenden Vorfällen „sehr nachhaltig“ auf die Gefahren des Internets hingewiesen. Die Eltern des Beklagten hätten sowohl dem Beklagten als auch dessen drei Jahre älterer Schwester „sehr nachhaltig und direkt“ „untersagt, Spiele, Musik, Filme o.ä. aus dem Internet herunterzuladen oder gar auch noch an Dritte, Freunde usw. weiterzugeben.“ Diese „strikte“ Anweisung sei „häufig wiederholt“ worden und von der Schwester des Beklagten auch stets beachtet worden. Lediglich der Beklagte habe diese Anweisung in den hier in Rede stehenden Fällen offensichtlich nicht beachtet. Die anwaltliche Vertreterin des Vaters des Beklagten legte überdies eidesstattliche Versicherungen der Schwester des Beklagten und der Mutter des Beklagten (Blatt 33-34 der Beiakte) vor. Die Schwester des Beklagten versicherte, sie und der Beklagte seien „informiert und ermahnt worden, den PC keinesfalls für das Herunterladen von Spielen, Musik, PC-Programmen aus dem Internet zu nutzen oder gar diese in Tauschbörsen an Freunde weiterzugeben.“ Die Mutter des Beklagten versicherte, ihre Kinder seien angewiesen worden, „aus dem Internet keine Spiele, keine Musik o.ä. herunterzuladen oder gar sich an Tauschbörsen zu beteiligen.“ Das Landgericht Berlin hob die im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung daraufhin mit Urteil vorn 29.01.2013 auf und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vater des Beklagten zurück. Die Klägerin legte gegen dieses Urteil zunächst Berufung ein, nahm diese jedoch später wieder zurück.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26.08.2013 (Blatt 18-21 der Gerichtsakte) mahnte die Klägerin den Beklagten ab und nahm ihn auf Unterlassung, Schadensersatz und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch. Die Höhe des Schadensersatzes richte sich nach den Grundsätzen der sogenannten „Lizenzanalogie“. Nach ständiger Rechtsprechung verschiedener Gerichte betrage der fiktive Lizenzschaden für die rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung eines Computerspiels im Rahmen einer Internettauschbörse mindestens 510,00 EUR. Die Höhe der vorgerichtlichen Anwaltskosten bezifferte die Klägerin auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 30.000,00 EUR auf insgesamt 1.157,00 EUR netto.
Die Klägerin hat gegenüber dem Landgericht ihre Ausführungen aus der Abmahnung vom 26.08.2013 wiederholt und vertieft. Ihr sei durch das Verhalten des Beklagten ein erheblicher Schaden entstanden. Durch die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Software habe der Beklagte ab dem Zeitpunkt des Angebots die Kontrolle über die weitere Verbreitung des Programms aus der Hand gegeben, auch wenn er das Programm möglicherweise nur für einen kurzen Zeitraum öffentlich bereitgestellt habe. Die damit ermöglichte Weiterverbreitung der Raubkopie lasse sich aufgrund ihres „viralen“ Charakters unmöglich wieder rückgängig machen. Ihr, der Klägerin, sei damit ein Schaden in Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr für die weltweiten und zeitlich unbeschränkten Onlinenutzungsrechte entstanden. Dieser Schaden könne sich durchaus auf sehr hohe Euro-Beträge belaufen, mindestens aber auf einen Betrag von 510,00 EUR. Der Beklagte sei zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet. Er habe schuldhaft gehandelt, denn er habe aufgrund der Belehrungen durch seine Eltern erkennen können und müssen, dass er zum Anbieten der Raubkopie in einer Internet-Tauschbörse nicht berechtigt gewesen sei. Ohnehin sei davon auszugehen, dass Kinder im Alter von 12 Jahren bereits sehr gut darüber Bescheid wüssten, wie man zwischen einer Originalversion und einer Raubkopie unterscheiden könne. Der Beklagte sei ferner zur Übernahme der ihr, der Klägerin, entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten verpflichtet. Die von ihr ausgesprochene Abmahnung sei berechtigt gewesen, der darin zugrundegelegte Gegenstandswert von 30.000,00 EUR sei im Falle der illegalen öffentlichen Zugänglichmachung eines Computerspieles angemessen.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht (zuletzt) beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, sie, die Klägerin, von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz, jedoch nicht unter 510,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, das Computerspiel [Name] in sogenannten „P2P-Netzwerken“ drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Ansprüche der Klägerin gegen ihn bestünden nicht. Zum Tatzeitpunkt habe er nicht die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt. Aus dem Umstand, dass seine Eltern ihn „immer wieder“ auf die „Bedeutsamkeit des Umgangs im Internet“ hingewiesen hätten und ihm die von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweisen „gerade verboten und untersagt“ hätten (so der Beklagte im Schriftsatz vom 13.01.2014 [Blatt 51 der Gerichtsakte]), könne keineswegs der Schluss gezogen werden, dass er, der Beklagte, über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt habe. Das Gegenteil sei der Fall. Daher könne es sogar dahingestellt bleiben, ob seine Eltern diese Hinweise und Verbote überhaupt ausgesprochen hätten (so der Beklagte im Schriftsatz vom 27.01.2014 [Blatt 58 der Gerichtsakte]). Überdies habe er – selbst bei unterstellter Einsicht – nicht schuldhaft gehandelt. Die „Tauschbörse Torrent“ sei nach herrschender Meinung von IT-Spezialisten eine der gefährlichsten „Tauschbörsen“, die im Internet verfügbar seien. Die Gefahr bestehe gerade darin, dass der Teilnehmer nicht erkenne, in welche Gefahr er sich begebe. An der „Tauschbörse“ könne nur jemand teilnehmen, wenn er zugleich mit dem Einloggen Dateien seines Rechners für die „Tauschbörse“ freigebe, in aller Regel die Dateien seiner Festplatte. Der Beklagte hat zunächst behauptet, er sei ebenso vorgegangen (Schriftsatz vom 27.01.2014 [Blatt 58 der Gerichtsakte)). Er habe gewusst, dass er Dateien seines Rechners freigeben musste, um das in Rede stehende Computerspiel von der Tauschbörse herunterzuladen (Schriftsatz vom 27.01.2014 [Blatt 59 der Gerichtsakte]). Er habe jedoch nicht gewusst und habe auch nicht erkennen können, dass er damit jedem anderen Teilnehmer an dieser Tauschbörse die Möglichkeit eröffnete, die Software wieder hochzuladen. Bei der Prüfung des Verschuldens sei darauf abzustellen, ob ein normal entwickelter Jugendlicher dieses Alters, hier also ein normal entwickeltes 12-jähriges Kind, die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen können und dieser Einsicht gemäß hätte handeln können, hier also das Herunterladen des Computerspiels hätte unterlassen müssen. Hier müsse festgestellt werden, dass er, der Beklagte, nach diesen Maßstäben aus altersgruppenbedingten Gründen schuldlos gehandelt habe. Dabei sei zunächst bedeutsam, dass das Herunterladen des Computerspiels als solches aus der „Torrent-Tauschbörse“ keineswegs rechtswidrig gewesen sei, was die Klägerin in dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht auch so eingeräumt habe. Die Gefahren der Teilnahme an der „Tauschbörse Torrent“ seien für einen normal entwickelten 12-Jährigen nicht erkennbar. Nicht einmal für jeden Erwachsenen seien diese Gefahren erkennbar, denn es seien schon sehr spezielle IT-Kenntnisse erforderlich, um den Zusammenhang zwischen der Freigabe von Dateien auf dem eigenen Rechner und der Möglichkeit des „Hochladens“ durch andere „Tauschbörsen“-Teilnehmer zu erkennen.
Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte seinen Sachvortrag geändert und vorgetragen (Schriftsatz vom 26.05.2014 [Blatt 78 der Gerichtsakte]), bei der in Rede stehenden „Tauschbörse“ sei es lediglich in deren Anfangszeit so gewesen, dass ein Teilnehmer zur Durchführung eines Downloads wiederum Dateien seines eigenen Rechners (durch einen ausdrücklichen Freigabeakt) hätte freigeben müssen. Weitere Recherchen hätten nämlich ergeben, dass sich dies bereits vor den hier in Rede stehenden Tatzeitpunkten grundlegend geändert habe. Mit der Teilnahme an der Tauschbörse werde zugleich ohne weitere Zustimmung oder ohne weiteres Handeln des jeweiligen Teilnehmers anderen Teilnehmern der Zugriff auf Daten auf dem eigenen Rechner ermöglicht. Er, der Beklagte, habe nicht erkennen können, dass er durch die Teilnahme an der Tauschbörse gleichzeitig Dateien auf seinem Rechner freigegeben habe. Ihm sei nicht einmal die Gefahr seines Handelns bewusst gewesen, geschweige denn die Gefahr, mit seinem Handeln Rechte der Klägerin zu verletzen.
Das Landgericht hat den Beklagten sowie dessen Eltern persönlich angehört (Sitzungsprotokolle Blatt 124-131 sowie Blatt 147-151 der Gerichtsakte).
Mit dem angefochtenen, am 04.03.2015 verkündeten Urteil (Urschrift Blatt 161-171 der Gerichtsakte) hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld den Beklagten verurteilt (zu Ziffer 3. unter Androhung von Ordnungsmitteln),
1. „die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 780,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen“ (Anmerkung des Senats: es handelt sich hierbei um die wörtliche Wiedergabe der entsprechenden Passage aus der Urteilsformel);
2. an die Klägerin 510,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen;
3. es zu unterlassen, das Computerspiel [Name] in sogenannten „P2P-Netzwerken“ drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zum geltend gemachten Anspruch auf Übernahme vorgerichtlicher Anwaltskosten hat das Landgericht ausgeführt, insoweit sei lediglich ein Gegenstandswert von 9.000,00 EUR als angemessen anzusehen. Die Kosten einer von dem Beklagten zwischenzeitlich erhobenen und von den Parteien später übereinstimmend für erledigt erklärten Widerklage hat das Landgericht dem Beklagten auferlegt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass
a) Ziffer 3. der Urteilsformel des angefochtenen Urteils um folgenden Zusatz ergänzt wird: „wie geschehen am 25.08.2012, am 01.09.2012, am 08.09.2012 und am 09.09.2012 mit Hilfe des Filesharingprogramms („Client“) „µTorrent“ über den Internetanschluss des Vaters des Beklagten“ und
b) Ziffer 1. der Urteilsformel des angefochtenen Urteils dahin berichtigt wird, dass keine Zahlungsverpflichtung, sondern eine Verpflichtung zur Freistellung der Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten der Rechtsanwälte[Name], besteht.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte oder in der Beiakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.
B.
Die Berufung des Beklagten hat nur in geringem Umfang – hinsichtlich eines Teiles der der Klägerin vom Landgericht zuerkannten Zinsansprüche – Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.I. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 2. (Schadensersatz)
1. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch findet seine Grundlage in § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG.
a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dem Lizenznehmer des Urhebers, der – wie die Klägerin – ein ausschließliches Nutzungsrecht hat, steht ein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht zu (Möhring / Nicolini, Urheberrecht, 3. Aufl. [2014], § 97 UrhG Rdnr. 10).
b) Der Beklagte hat die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin widerrechtlich verletzt. Durch das Bereitstellen der Datei [Name] im Internet am 25.08.2012, am 01.09.2012, am 08.09.2012 und am 09.09.2012 mit Hilfe des Filesharingprogramms „µTorrent“ hat der Beklagte das der Klägerin als Lizenznehmerin zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes (§§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG) verletzt. Ein Rechtfertigungsgrund ist nicht ersichtlich.
Das Vorbringen des Beklagten gibt im Übrigen Anlass zu der Anmerkung, dass im vorliegenden Falle auch bereits das Herunterladen der genannten Datei mittels des Programms „µTorrent“ für sich betrachtet eine Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechtsposition der Klägerin darstellte (vgl. §§ 16, 17, 69c Nrn. 1 und 3 UrhG). Gegenteiliges hat die Klägerin nicht – nach Aktenlage auch nicht in dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht – vorgetragen; die entsprechende Behauptung des Beklagten ist nicht nachvollziehbar.
c) Der Beklagte ist für die Rechtsverletzung deliktisch verantwortlich (§ 828 Abs. 3 BGB).
aa) Die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB besitzt, wer nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein (BGHZ 161, 180). Für die Bejahung der Einsichtsfähigkeit reicht ein allgemeines Verständnis dafür aus, dass die Handlung gefährlich ist und die Verantwortung begründen kann (BGH, VersR 1970, 374). Die Prüfung der deliktischen Verantwortlichkeit ist hierbei sorgfältig zu trennen von der erst in einem nachfolgenden Schritt vorzunehmenden Verschuldensprüfung (BGH, NJW 1970, 1038; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. [2016], § 276 Rdnr. 6). Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genommene Minderjährige; ab dem Alter von sieben Jahren wird deren Vorliegen vom Gesetz widerlegbar vermutet (BGHZ 161, 180).
bb) Die hiernach bestehende Vermutung seiner deliktischen Verantwortlichkeit hat der Beklagte nicht widerlegt.
Die persönliche Anhörung des zu den Tatzeitpunkten kurz vor der Vollendung des dreizehnten Lebensjahres stehenden Beklagten und seiner Eltern durch das Landgericht hat keinerlei Defizite in der intellektuellen Entwicklung des Beklagten aufgezeigt. Nach dem Vorbringen seines Vaters im Verfahren vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht und seinem eigenen damaligen vorgerichtlichen Vorbringen ist der Beklagte mehrfach angewiesen worden, prinzipiell aus dem Internet nichts herunterzuladen und sich prinzipiell nicht an „Internet-Tauschbörsen“ zu beteiligen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte diese unmissverständlichen und strikten Anweisungen intellektuell nicht verstanden hat und hierdurch nicht in die Lage versetzt worden ist, das Gefährliche des hier streitgegenständlichen Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein.
Das offenkundige Bemühen des Beklagten und seiner Eltern bei ihren Äußerungen im vorliegenden Rechtsstreit, die vorstehend dargestellten Angaben zum Inhalt und Umfang der dem Beklagten für die Internetnutzung erteilten Anweisungen und Belehrungen wieder zu relativieren, bleibt ohne Erfolg. Zum einen hat der Beklagte das vorstehend wiedergegebene Sachvorbringen zu keinem Zeitpunkt im vorliegenden Rechtsstreit ausdrücklich als inhaltlich unrichtig bezeichnet; zum anderen hätte es selbst in diesem Falle einer nachvollziehbaren Erklärung dafür bedurft, warum der Sachverhalt nunmehr anders dargestellt werden soll. Eine solche Erklärung lässt sich dem Vorbringen des Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit nicht einmal im Ansatz entnehmen.
d) Der hiernach als deliktisch verantwortlich anzusehende Beklagte hat schließlich auch schuldhaft gehandelt. Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte – wofür manches spricht – die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin sogar vorsätzlich verletzt hat. Denn er hat in jedem Falle zumindest fahrlässig gehandelt.
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Bei einem Minderjährigen kommt es darauf an, ob Kinder bzw. Jugendliche seines Alters und seiner Entwicklungsstufe den Eintritt eines Schadens hätten voraussehen können und müssen und es ihnen bei Erkenntnis der Gefährlichkeit ihres Handelns in der konkreten Situation möglich und zumutbar gewesen wäre, sich dieser Erkenntnis gemäß zu verhalten (BGHZ 161, 180). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
aa) Kinder in der Altersgruppe, der der Beklagte zu den hier in Rede stehenden Tatzeitpunkten angehörte, d.h. Kinder, die kurz vor der Vollendung des dreizehnten Lebensjahres stehen, wissen, dass insbesondere im Internet „Raubkopien“ von Softwareprodukten, insbesondere von Spielesoftware, kursieren und dass sie aus dem Internet keine „Raubkopien“ herunterladen dürfen und – erst recht – keine „Raubkopien“ weiterverbreiten dürfen. Ganz besonders gilt dies für Kinder in der hier vorliegenden konkreten Situation, d.h. für Kinder in der hier in Rede stehenden Altersgruppe, die – wie der Beklagte – zuvor von ihren Eltern intensiv und konsequent über die mit Aktivitäten im Internet verbundenen Gefahren belehrt worden sind und denen – wie dem Beklagten – jedwede Beteiligung an Dateiaustauschaktivitäten im Internet ausdrücklich und einschränkungslos verboten worden ist. Es ist Kindern in dieser Altersgruppe auch möglich und zumutbar, sich im Internet so zu verhalten, dass Schädigungen urheberrechtlich geschützter Rechtspositionen vermieden werden.
bb) Die danach gebotene Sorgfalt hat der Beklagte missachtet. Dies gilt sowohl im Hinblick auf das Herunterladen der hier in Rede stehenden Datei als auch im Hinblick auf das Bereitstellen dieser Datei mittels des Filesharingprogramms „µTorrent“.
(1) Es spricht vieles dafür, dass die von dem Beklagten bei seiner persönlichen Anhörung durch das Landgericht aufgestellte Behauptung, der Download der Datei sei im Internet von dem Hinweis „free download“ begleitet gewesen, nicht zutrifft und es sich hierbei um eine bloße Schutzbehauptung handelt, mit der der Beklagte verbergen will, dass ihm bewusst war, dass es sich bei der von ihm heruntergeladenen Datei um eine illegale „Raubkopie“ handelte. Gegen die Richtigkeit der Behauptung spricht zuvörderst die bereits dargestellte Funktionsweise des Programms „µTorrent“. Es geht im vorliegenden Falle gerade nicht um die Weiterverbreitung von Dateien über einen zentralen Server, auf dem Dateien zum Download bereitstehen und bereitgestellt werden, sondern um die „dezentrale“ Verbreitung von Dateien über sogenannte „Peer-to-Peer-Netzwerke“, in denen die Existenz von Hinweisen wie „free download“ grundsätzlich keinen Sinn macht. Der Beklagte hat auch bezeichnenderweise weder bei seiner persönlichen Anhörung noch in seinem schriftsätzlichen Vorbringen Angaben dazu gemacht, welche konkreten Arbeitsschritte (Beschaffung des Programms „µTorrent“, Programmstart, Befehlseingaben) er auf welche Art und Weise vornehmen musste, um den Datei-Download einzuleiten.
Letztlich kann die Frage nach der Richtigkeit der vorerwähnten Behauptung jedoch offenbleiben. Der Beklagte hätte jedenfalls angesichts der ihm von seinen Eltern erteilten Belehrungen und Auflagen im Hinblick auf die Internetnutzung auf einen etwaigen Hinweis mit dem Text „free download“ nicht vertrauen dürfen und von dem Herunterladen der angebotenen Datei Abstand nehmen müssen.
(2) Auch im Hinblick auf das Bereitstellen der Datei für andere Netzwerkteilnehmer hat der Beklagte sorgfaltswidrig gehandelt. Der Senat legt seiner Beurteilung dabei die Angabe des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 27.01.2014 zugrunde, er habe gewusst, dass er Dateien seines Rechners habe freigeben müssen, um das in Rede stehende Computerspiel von der Tauschbörse herunterzuladen. Aufgrund dieser Kenntnis von dem Freigabeerfordernis hätte er die Gefahr erkennen können und müssen, dass es zu einer Weitergabe von auf seinem Computer vorhandenen Dateien – und damit auch der hier in Rede stehenden Datei – an andere Netzwerkteilnehmer kommen konnte, und von seinem Vorhaben ablassen müssen. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, er habe zwar Kenntnis von der Datei-Freigabe gehabt, jedoch nicht erkennen können, dass er hiermit das Hochladen von Dateien ermöglicht habe: es ist schon nicht erkennbar, welchen sonstigen Sinn der Beklagte dem Begriff der „Freigabe von Dateien“ beigelegt haben will.
Der von dem Beklagten im weiteren Verlauf des Rechtsstreits unternommene Versuch, von der Angabe, er habe von der Freigabe von Dateien auf seinem Rechner gewusst, wieder abzurücken, bleibt ohne Erfolg. Eine auch nur ansatzweise nachvollziehbare Erklärung für die diesbezügliche Abänderung des Sachvortrages lässt sich dem Vorbringen des Beklagten nicht entnehmen. Spätestens an dieser Stelle kann der Senat auch nicht mehr umhin zu bemerken, dass das Agieren des Beklagten bzw. seiner gesetzlichen Vertreter im vorliegenden Rechtsstreit vor dem Hintergrund der prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) mehr als bedenklich erscheint.
e) Die Höhe des der Klägerin vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzbetrages ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu z.B. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 [Tauschbörse I] <juris>: Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von 200,00 EUR für die unerlaubte öffentliche Zugänglichmachung eines einzelnen Musiktitels).
2. Der geltend gemachte Zinsanspruch findet seine Grundlage in §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Keinen Bestand kann hierbei allerdings die Entscheidung des Landgerichts zum Zinsbeginn haben. Die Rechtshängigkeit ist erst mit der Zustellung der Klageschrift am 02.11.2013 (siehe Blatt 24 der Gerichtsakte) eingetreten (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Prozesszinsen im Sinne des § 291 BGB können erst ab dem Folgetag der Rechtshängigkeit verlangt werden (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 291 Rdnr. 6), hier also erst ab dem 03.11.2013.
II. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 3. (Unterlassung)
1. Die Klage ist mit diesem Klageantrag zulässig.
Der Klageantrag ist jedenfalls mit der von der Klägerin in der Berufungsinstanz auf Anregung des Senats in die Antragsformulierung mitaufgenommenen Bezugnahme auf die konkreten Verletzungshandlungen hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Für den gestellten Unterlassungsantrag besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Es kann dahinstehen; ob der vereinzelt vertretenen Auffassung, einer Unterlassungsklage gegen einen Minderjährigen, der das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet habe, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, da ein eventuell ergehendes Unterlassungsurteil nicht vollstreckbar sei, weil gegen einen solchen Minderjährigen keine Ordnungsmittel festgesetzt werden könnten (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.1995 – 9 U 51/95 – <juris>), zuzustimmen ist. Denn die Frage der Zulässigkeit einer Klage – und damit auch die Frage nach dem Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses – ist nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung zu beantworten (Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. [2014], vor § 253 Rdnr. 11). Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hatte der Beklagte das vierzehnte Lebensjahr bereits vollendet.
2. Die Klage ist mit dem gestellten Unterlassungsantrag auch begründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Das vorerwähnte Urteil des OLG Düsseldorf steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen: es enthält keine Ausführungen dazu, dass ein Minderjähriger, der das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht Schuldner eines Unterlassungsanspruches sein kann.
III. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 1. (Abmahnkosten)
1. Die Klägerin hatte erstinstanzlich die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten beantragt und hat diesen Antrag auch in der Berufungsinstanz wiederholt. Die Urteilsformel des landgerichtlichen Urteils spricht hingegen insoweit – sprachlich allerdings missglückt – von einer Verurteilung des Beklagten zur Zahlung an die Klägerin. Hierbei handelt es sich indes um ein offenkundiges Schreibversehen des Landgerichts, das der Senat ohne weiteres klarstellend berichtigen kann. Denn den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (dort unter Ziffer I.) ist zu entnehmen, dass die Kammer der Klägerin – wie beantragt – nur einen Freistellungsanspruch zuerkennen wollte.
2. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch findet seine Grundlage in dem zum Zeitpunkt der Abmahnung geltenden § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. Die Abmahnung war berechtigt, weil der Klägerin der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustand. Der vom Landgericht der Ermittlung der Höhe des Ersatzanspruches zugrundegelegte Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden. Die Deckelungsregelung in § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG n.F. greift nicht ein, weil diese Vorschrift nur für ab dem 09.10.2013 zugegangene Abmahnungen gilt (Möhring / Nicolini, a.a.O., § 97a UrhG Rdnr. 27); die zum Zeitpunkt der Abmahnung geltende Vorgängerregelung in § 97a Abs. 2 UrhG a.F., die in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Anwaltskosten auf 100,00 EUR begrenzte, greift ebenfalls nicht ein, denn das rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Software stellt keine nur unerhebliche Rechtsverletzung dar.
3. Keinen Bestand kann die vom Landgericht getroffene Zinsentscheidung haben. Ein Freistellungsanspruch ist einer Verzinsung nicht zugänglich.
C.
Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die vom Landgericht auf der Grundlage von § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffene Entscheidung über die Kosten der in der ersten Instanz zeitweilig anhängigen Widerklage hat der Beklagte mit seiner Berufung nicht angegriffen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. (…)