WALDORF FROMMER: Amtsgericht Künzelsau folgt strenger Linie des Landgericht Stuttgarts – Anschlussinhaber hat in Filesharing-Verfahren substantiiert zur Zugriffsmöglichkeit Dritter zum Tatzeitpunkt vorzutragen und zudem weiterreichende Nachforschungen innerhalb seiner Sphäre anzustrengen

17:42 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen.

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Bericht

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Autor:
Rechtsanwalt David Appel

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Bei den beklagten Anschlussinhabern handelt es sich um Eheleute, die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgetragen hatten, dass zum Tatzeitpunkt auch deren volljährige Söhne im Haushalt gelebt hätten. Diese haben mittels eigener Computer uneingeschränkten und selbständigen Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss gehabt.

Die Beklagten vermuten, dass einer der Söhne die Rechtsverletzung begangen habe. Zugegeben habe die Tat auf Nachfrage jedoch keiner der beiden.

In einem weiteren Schreiben wurde sodann vorgetragen, dass einer der Söhne die Nutzung von Filesharing-Programmen zwar eingeräumt und in der Vergangenheit auch bereits Filme heruntergeladen habe. Ob darunter jedoch auch die streitgegenständlichen Filmwerke gewesen seien könne der Sohn nicht mehr sagen.

Das Amtsgericht erachtete den Vortrag der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast für unzureichend und erteilte unter Verweis auf die Rechtsprechung des Landgerichts Stuttgart folgenden Hinweis:

„Die Beklagten mögen näher vortragen:

a) Zur Ausgestaltung der behaupteten Zugriffsmöglichkeit ihrer Söhne zum genauen Tatzeitpunkt;
und
b) zu den genauen Inhalten, Grenzen und Ergebnissen der von ihnen durchgeführten Nachforschungen.

Hierbei wird auf die Rechtsprechung des für diesen Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständigen Berufungsgerichts (Landgericht Stuttgart) verwiesen, wonach es naheliegend und zugleich zumutbar ist, dass Anschlussinhaber nach Zugang der Abmahnung (insbesondere wenn ihn die Abmahnung – wie vorliegend – zeitnah nach der behaupteten Rechtsverletzung erreicht) durch eigene Recherche (ggf. gemeinsam mit den anderen Personen, die seinen Anschluss nutzen) untersucht, ob sich auf den in seinem Haushalt befindlichen Rechnern das Tauschbörsenprogramm und oder die in der Abmahnung genannte Filmdatei befindet bzw. befinden und den über das Betriebssystem abrufbaren Verlauf der in seinem Haushalt befindlichen Rechner daraufhin überprüft, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren.“

Nach Ansicht des Amtsgerichts seien derartige Nachforschungen für den Anschlussinhaber nicht nur zumutbar, sondern auch in dessen Interesse:

„Eine solche Recherche ist nach Ansicht des Gerichts auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung […] zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen […] im eigenen Interesse recherchieren wird, ob sich das Programm und/oder die Filmdatei auf einem der in seinem Haushalt genutzten Rechnern befindet.“

 

Amtsgericht Künzelsau, Verfügung vom 05.04.2016, Az. 1 C 294/15

 

(…) 1. Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des Nichterscheinens einer Partei oder Erfolglosigkeit der Güteverhandlung unmittelbar anschließender Haupttermin wird bestimmt auf [Wochentag und Datum, Uhrzeit, Zimmer, Etage, Gebäude]

Belehrungen

Schriftliche Erklärungen entbinden Sie nicht von der Pflicht zum Erscheinen im Termin. Wenn Sie nicht erscheinen und auch keinen mit schriftlicher Vollmacht versehenen volljährigen Familienangehörigen oder einen anderen nach § 79 Abs. 2 ZPO zugelassenen Bevollmächtigten zum Termin entsenden, kann dies zum Verlust des Prozesses führen. Gegen die nicht erschienene Partei kann auf Antrag des Gegners ein Versäumnisurteil erlassen oder eine Entscheidung nach Aktenlage getroffen werden (§§ 330 bis 331a, 251a ZPO), in diesem Fall hat die säumige Partei auch die Gerichtskosten und die notwendigen Kosten der Gegenseite zu tragen (§ 91 ZPO) Dies gilt auch dann, wenn schriftliche Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch erhoben werden. Diese Einwendungen kann das Gericht nur berücksichtigen, wenn sie im Termin vorgetragen werden. Aus dem Versäumnisurteil oder dem Urteil nach Lage der Akten kann der Gegner der säumigen Partei gegen diese die Zwangsvollstreckung betreiben (§ 708 Nr. 2 ZPO)
Wird in dem vorstehend bezeichneten Verhandlungstermin ein neuer Termin verkündet, so werden Sie zu dem neuen Termin nicht mehr gesondert geladen. Sie müssen dann auch ohne Ladung erscheinen

Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht vorgeschrieben.

2. Gemäß §§ 273, 278 ZPO wird angeordnet:
2.1. Das persönliche Erscheinen folgender Parteien:

Beklagter zu 1 [Name];
Beklagte zu 2 [Name];

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens erfolgt zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 141 Abs. 1 ZPO) und für einen Güteversuch (§ 278 Abs. 3 ZPO). Das Gericht wird bei Nichterscheinen einer Partei regelmäßig sofort in die mündliche Verhandlung eintreten (§ 279 Abs. 1 S. 1 ZPO) und bei Nichterscheinen beider Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigten das Ruhen des Verfahrens anordnen (§ 278 Abs. 4 ZPO).

2.2. Die Beklagten mögen näher vortragen:

a) Zur Ausgestaltung der behaupteten Zugriffsmöglichkeit ihrer Söhne zum genauen Tatzeitpunkt; und
b) zu den genauen Inhalten, Grenzen und Ergebnissen der von ihnen durchgeführten Nachforschungen.

Hierbei wird auf die Rechtsprechung des für diesen Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständigen Berufungsgerichts (Landgericht Stuttgart) verwiesen, wonach es naheliegend und zugleich zumutbar ist, dass der Anschlussinhaber nach Zugang der Abmahnung (insbesondere wenn ihn die Abmahnung – wie vorliegend – zeitnah nach der behaupteten Rechtsverletzung erreicht) durch eigene Recherche (ggf. gemeinsam mit den anderen Personen, die seinen Anschluss nutzen) untersucht, ob sich auf den in seinem Haushalt befindlichen Rechnern das Tauschbörsenprogramm und oder die in der Abmahnung genannte Filmdatei befindet bzw. befinden und den über das Betriebssystem abrufbaren Verlauf der in seinem Haushalt befindlichen Rechner daraufhin überprüft, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren. Eine solche Recherche ist nach Ansicht des Gerichts auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung wegen öffentlicher Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen (für die dann auch eine Haftung als Störer in Betracht kommen kann) im eigenen Interesse recherchieren wird, ob sich das Programm und oder die Filmdatei auf einem der in seinem Haushalt genutzten Rechner befindet.

Frist: 30.04.2016

[Name]
Direktor des Amtsgerichts

Beglaubigt
Künzelsau, 06.04.2016  [Amtssiegel]

[Name]
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
– ohne Unterschrift gültig – (…)

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AG Künzelsau, Verfügung vom 05.04.2016, Az. 1 C 294/15