WALDORF FROMMER: Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt Verurteilung in Tauschbörsenverfahren – Anschlussinhaberin beharrt auf gerichtlicher Klärung und schuldet nunmehr auch 6.000,00 EUR Sachverständigenkosten

16:38 Uhr

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlicher Filmaufnahmen

In einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte eine Anschlussinhaberin erfolglos versucht, ihre Verurteilung in der Vorinstanz aufzuheben.

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Bericht

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Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2016/07/OLG_D%C3%BCsseldorf_I_20_U_151_14.pdf

Autor:
Rechtsanwalt Florian Thür

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Vor dem Landgericht Düsseldorf hatte sie zunächst geklagt, um sich gegen eine angeblich zu Unrecht erfolgte Abmahnung wegen illegalen Filesharings zur Wehr zu setzen.

Die Anschlussinhaberin wurde daraufhin selbst mittels einer sog. Widerklage vom Rechteinhaber verklagt, um die bestehenden Unterlassungs-, Kostenerstattungs- und Schadenersatzansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Das Landgericht hat daraufhin ein Sachverständigengutachten zur Zuverlässigkeit der Ermittlungen eingeholt. Nach mehreren Gerichtsterminen war das Gericht von der persönlichen Täterschaft überzeugt und verurteilte die Anschlussinhaberin (LG Düsseldorf, Az. 12 O 158/11). Die ursprünglich selbst klagende Anschlussinhaberin wurde für die illegale Verbreitung eines Kinofilms über eine Internet-Tauschbörse unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR zur Unterlassung, zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 506,00 EUR und zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 725,00 EUR verurteilt.

Der für die Berufung zuständige Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat nunmehr unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (u.a. „Tauschbörse III“, Az. I ZR 75/14) die Auffassung des Landgerichts bestätigt.

Zu den Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS) führt das Oberlandesgericht aus:

„Es steht fest, dass die Klägerin […] eine Datei mit dem streitgegenständlichen Filmwerk über das BitTorrent-Netzwerk angeboten hat. Der Sachverständige Dr. […], an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, hat schon in seinem schriftlichen Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass sich aus dem von der Firma ipoque [nunmehr: Digital Forensics] im Auftrag der Beklagten ermittelten Netzwerkverkehr dies herleiten lässt. In den von dem Ermittlungsunternehmen erstellten „Stundendateien“ tauchen die jeweils der Klägerin zugewiesenen IP-Adressen auf. Aufgrund der untersuchten Fragmente der Übertragung steht auch fest, dass es sich bei dem auf diesem Wege öffentlich zugänglich gemachten Werk um eine Datei handelt, die das streitgegenständliche Filmwerk wiedergibt.“

Auch eine Fehlzuordung der ermittelten IP-Adressen zum Internetanschluss durch den zuständigen Provider schließt das Oberlandesgericht aus:

„Insoweit ist beachtlich, dass dem Anschluss der Klägerin zu den genannten Zeiten unterschiedliche IP-Adressen zugewiesen waren. Damit lässt sich auch eine Fehlzuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der Klägerin durch das Telekommunikationsunternehmen ausschließen.“

Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem teils widersprüchlichen Vortrag zu den tatsächlichen Gegebenheiten zur Zeit der Rechtsverletzung – wie schon das Landgericht Düsseldorf in erster Instanz – eine klare Absage erteilt:

„Das Protokoll ist aber auch nicht zum Beweis der Tatsache geeignet, dass der Laptop der Klägerin, nach ihrer Behauptung das einzige internetfähige Gerät, jedenfalls zeitweise nicht eingeschaltet war. Es bestehen nämlich erhebliche Zweifel an der Authentizität der Anlage K7. So ist die Datei – wie der Sachverständige festgestellt hat – unvollständig wiedergegeben. Darüber hinaus stammt die Datei von einem Windows Server-Betriebssystem. Der Laptop der Klägerin verfügte aber nach ihren eigenen Angaben über ein normales Desktop-Betriebssystem (Windows XP). Danach ist die Anlage K7 nicht geeignet zu belegen, wann der Laptop der Klägerin in Betrieb war und wann nicht. Erst recht lässt sich der Anlage K7 nicht entnehmen, dass zu den von der Firma ipoque [nunmehr: Digital Forensics] ermittelten Zeiten nicht vom Anschluss der Klägerin auf das Internet zugegriffen worden ist.

Steht damit fest, dass zu den genannten Zeiten das streitgegenständliche Filmwerk vom Anschluss der Klägerin aus öffentlich zugänglich gemacht wurde, folgt daraus hier, dass die Klägerin hierfür als Täterin verantwortlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers, darzulegen und nachzuweisen, dass der vermeintliche Verletzer für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 – „Morpheus“; BGHZ 200, 76 Rn. 14 – „BearShare“; GRUR 2016, 191 Rn. 37 – „Tauschbörse III“). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.

Nach diesen Grundsätzen ist der Anscheinsbeweis für eine Täterschaft der Klägerin nicht erschüttert. Die Klägerin hat selber vorgetragen, dass außer ihr selbst im fraglichen Zeitraum niemand berechtigt auf ihren Anschluss zugreifen konnte. Sie hat damit ihren Anschluss ·nicht Dritten zur Nutzung überlassen. Wie sie bei ihrer persönlichen Anhörung erklärt hat, hatte sie auch im fraglichen Zeitraum keinen Besuch, der etwa auf den Anschluss hätte zugreifen können.“

Im Ergebnis hat die Anschlussinhaberin (und ursprüngliche Klägerin) nunmehr nicht nur die geltend gemachten Ansprüche zu erfüllen, sondern darüber hinaus die Kosten zweier Rechtszüge aus einem Streitwert von 12.000,00 EUR mit Sachverständigenkosten von mehr als 6.000,00 EUR zu tragen.

 

OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.06.2016, Az. I-20 U 151/14

 

(…)
I-20 U 151/14
12 O 158/11
LG Düsseldorf

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Verkündet am 14.06.2016
[Name] Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

der Frau [Name], 42651 Solingen,
Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 40212 Düsseldorf –

gegen

[Name],
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte,

– Prozessbevollmächtigte:    Rechtsanwalte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München –

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht [Name], den Richter am Oberlandesgericht [Name] und die Richterin am Landgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Juli 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A)

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch dieses hat das Landgericht ein Versäumnisurteil vom 18.04.2012 im Wesentlichen aufrechterhalten und den Tenor dahingehend neu gefasst, dass der Klägerin bei Meldung naher bezeichneter Ordnungsmittel aufgegeben wurde, es zu unterlassen, die Bild- / Tonaufnahme [Name] in Filesharing-Systemen zum Abruf über das Internet bereitzustellen und / oder bereitstellen zu lassen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und / oder zugänglich machen zu lassen, und sie zur Zahlung eines Lizenzschadens von 725,00 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 506,00 EUR an die Beklagte verurteilt wurde. Das Landgericht hat es auf Grund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens für erwiesen angesehen, dass der streitgegenständliche Film, an dem die Beklagte unstreitig die ausschließlichen Nutzungsrechte inne hat, jedenfalls am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über den Anschluss der Klägerin in der Tauschbörse BitTorrent öffentlich zugänglich gemacht wurde Den damit bestehenden Anscheinsbeweis, Täterin einer Urheberrechtsverletzung zu sein, habe die Klägerin nicht erschüttert. Sie habe nicht dargelegt, dass die ernsthafte Möglichkeit bestünde, dass ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen habe.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Sie behauptet weiterhin, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Sie habe unter Zeugenbeweis gestellt, dass der einzige in ihrem Besitz befindliche Rechner zu mehreren von der Beklagten ermittelten Verletzungszeiten ausgeschaltet gewesen sei Auch habe sie ihr WLAN ordnungsgemäß mit einem 12-Stelligen Passwort geschützt und niemandem Zugriff auf das WLAN gewährt: Dies müsse ausreichen, um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, weil ansonsten alleinstehenden Anschlussinhabern eine Entlastung nicht möglich sei.

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil sowie das Versäumnisurteil vom 18.04.2012 aufzuheben und die Widerklage abzuweisen sowie die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen und die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich der Beweisthemen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 20. Januar 2015, Bl. 603 ff. GA, den ergänzenden Beweisbeschluss vom 27. Juli 2015, BI 635 GA, das Schreiben des Sachverständige Dr. [Name] vom 6. August 2015, Bl. 641 ff GA, das Schreiben des Berichterstatters vom 10. August 2015, Bl. 645 GA, das fälschlich auf den 6. August 2015 datierte Schreiben des Sachverständigen vom 14. September 2015, Bl. 651 GA und das Protokoll der Sitzung vom 19. April 2016, Bl. 690 ff GA Bezug genommen.

Erstmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.05.2016 behauptet die Klägerin unter anderem, der von ihr eingesetzte Router sei zum damaligen Zeitpunkt auch von einer Sicherheitslücke betroffen gewesen, die einen Zugriff ohne Kenntnis des Passworts über die Ausnutzung der Funktion „WiFi Protected Setup (WPS)“ ermöglicht habe.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B)

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Auch nach der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu den oben genannten Zeitpunkten im Dezember [Jahr] und Januar [Jahr] den Film [Name] über das BitTorrent Filesharing-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht hat, weshalb sie zu Recht zur Unterlassung, zum Schadensersatz und zur Erstattung der vorgerichtlichen Kosten verurteilt worden ist.

Es steht fest, dass die Klägerin am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr eine Datei mit dem streitgegenständlichen Filmwerk über das BitTorrent-Netzwerk angeboten hat. Der Sachverständige Dr. [Name] an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, hat schon in seinem schriftlichen Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass sich aus dem von der Firma ipoque im Auftrag der Beklagten ermittelten Netzwerkverkehr dies herleiten lässt. In den von dem Ermittlungsunternehmen erstellten „Stundendateien“ tauchen die jeweils der Klägerin zugewiesenen IP-Adressen auf. Aufgrund der untersuchten Fragmente der Übertragung steht auch fest, dass es sich bei dem auf diesem Wege öffentlich zugänglich gemachten Werk um eine Datei handelt, die das streitgegenständliche Filmwerk wiedergibt.

Insoweit ist beachtlich, dass dem Anschluss der Klägerin zu den genannten Zeiten unterschiedliche IP-Adressen zugewiesen waren Damit lässt sich auch eine Fehlzuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der Klägerin durch das Telekommunikationsunternehmen ausschließen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Schlussfolgerung, dass diese Übertragung vom Anschluss der Klägerin aus erfolgte, die Anlage K7 nicht entgegen Es handelt sich nicht um einen Ausdruck des Router-Logs, wie der Zeuge [Name] bekundet hat, sondern – wie es die Klägerin auch ursprünglich vorgetragen hat – um ein Systemprotokoll eines Windows-Betriebssystems. Dies hat der Sachverständige anschaulich erläutert, indem er unter anderem entsprechende Protokolldateien von eigenen Systemen vorgelegt hat. Das Protokoll ist aber auch nicht zum Beweis der Tatsache geeignet, dass der Laptop der Klägerin, nach ihrer Behauptung das einzige internetfähige Gerät, jedenfalls zeitweise nicht eingeschaltet war. Es bestehen nämlich erhebliche Zweifel an der Authentizität der Anlage K7. So ist die Datei – wie der Sachverständige festgestellt hat – unvollständig wiedergegeben. Darüber hinaus stammt die Datei von einem Windows Server-Betriebssystem. Der Laptop der Klägerin verfügte aber nach ihren eigenen Angaben über ein normales Desktop-Betriebssystem (Windows XP). Danach ist die Anlage K7 nicht geeignet zu belegen, wann der Laptop der Klägerin in Betrieb war und wann nicht. Erst recht lässt sich der Anlage K7 nicht entnehmen, dass zu den von der Firma ipoque ermittelten Zeiten nicht vom Anschluss der Klägerin auf das Internet zugegriffen worden ist.

Somit steht damit fest, dass zu den genannten Zeiten das streitgegenständliche Filmwerk vom Anschluss der Klägerin aus öffentlich zugänglich gemacht wurde, folgt daraus hier, dass die Klägerin hierfür als Täterin verantwortlich ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers, darzulegen und nachzuweisen, dass der vermeintliche Verletzer für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 – „Morpheus“, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – „BearShare“; GRUR 2016, 191 Rn. 37 – „Tauschbörse III“). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fallen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht er seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. – „BearShare“, GRUR 2016, 191 Rn 37 – „Tauschbörse III“).

Nach diesen Grundsätzen ist der Anscheinsbeweis für eine Täterschaft der Klägerin nicht erschüttert.

Die Klägerin hat selber vorgetragen, dass außer ihr selbst im fraglichen Zeitraum niemand berechtigt auf ihren Anschluss zugreifen konnte. Sie hat damit ihren Anschluss nicht Dritten zur Nutzung überlassen. Wie sie bei ihrer persönlichen Anhörung erklärt hat, hatte sie auch im fraglichen Zeitraum keinen Besuch, der etwa auf den Anschluss hätte zugreifen können.

Die Möglichkeit eines unberechtigten Zugriffs Dritter kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls ausgeschlossen werden. Unstreitig war das WLAN nach dem aktuellen Verschlüsselungsstandard WPA2 verschlüsselt. Die Klägerin hat ebenfalls unstreitig auch das werksseitig voreingestellte Passwort durch ein eigenes ersetzt. Damit entfällt die vom Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung erläuterte Möglichkeit, aus der sogenannten MAC-Adresse des Routers das voreingestellte Passwort zu errechnen. Da das Passwort damit nur der Klägerin und dem Zeugen [Name] bekannt war und der Zeuge [Name] als Täter ausgeschlossen werden kann, weil er sich nicht zu den genannten Zeiten in der Wohnung der Klägerin oder deren nächster Umgebung aufgehalten hat, kann ausgeschlossen werden, dass ein Dritter das Passwort ermittelt und sich so Zugriff auf den Anschluss der Klägerin verschafft hat.

Soweit die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.05.2016 vorträgt, entgegen der Ausführungen des Sachverständigen sei es erforderlich zur Schließung dieser Sicherheitslücke gewesen, auch den Netzwerknamen (SSID) zu ändern, kann dieses Vorbringen schon nach § 296a ZPO nicht berücksichtigt werden. Der Einwand ist zudem auch nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hat erläutert, dass sich das werksseitig voreingestellte Passwort seinerzeit aus der MAC-Adresse des Routers herleiten ließ – was sich mit der Beschreibung der Sicherheitslücke in den von der Klägerin nunmehr vorgelegten Unterlagen deckt. Dann ist die Lücke aber schon geschlossen, wenn das werksseitig voreingestellte Passwort durch ein eigenes ersetzt wird, wie der Sachverständige überzeugend hergeleitet hat. Warum ergänzend auch der Netzwerkname geändert werden soll, ist nicht nachvollziehbar. Andere Sicherheitslücken, die einen unberechtigten Zugriff auf den Router Speedport W 503 V der Klägerin ermöglicht hatten, hat der Sachverständige in seiner Anhörung nicht angegeben.

Soweit die Klägerin nunmehr im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.05.2016 behauptet, ihr Router sei von einer Schwachstelle der WPS-Funktion betroffen gewesen, die auch ohne Kenntnis des Passworts einen unberechtigten Zugriff auf den Router ermöglicht habe, ist sie auch mit diesem Vortrag nach § 296a ZPO ausgeschlossen. Dieses Vorbringen gibt auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen Es ist schon nicht ansatzweise ersichtlich, aus welchem Grund die Klägerin diesen Sachvortrag nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gehalten hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Erörterung der Sache im Termin vom 20.01.2015 durch den Senat (und nicht etwa durch die insoweit darlegungspflichtige Klägerin) die Frage damals bestehender Sicherheitslücken angesprochen worden ist Spätestens dies hätte der Klägerin Veranlassung gegeben, zu diesen Sicherheitslücken in Bezug auf das konkrete Routermodell vorzutragen. Die Frage der Sicherheitslücken ist dann ausdrücklich nochmals im Schreiben des Berichterstatters an den Sachverständigen vom 10.08.2015 angesprochen worden und dem Sachverständigen als Gegenstand seiner Anhörung in Aussicht gestellt worden. Auch dies hat die Klägerin nicht zum Anlass genommen, näher vorzutragen. Schließlich hätte sie die nunmehr von ihr behauptete Sicherheitslücke im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen ansprechen können und müssen. Es ist nach alledem nicht nachvollziehbar, warum der Sachvortrag erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Nur der Vollständigkeit halber ist demnach noch darauf hinzuweisen, dass sich die Angreifbarkeit des Routers unter Ausnutzung dieser Sicherheitslücke nicht aus den von der Klägerin überreichten Unterlagen ergibt. Der Router Speedport W503 V wird zwar im Zusammenhang mit der Sicherheitslücke „Errechenbarkeit des voreingestellten Passworts“, nicht aber bei der Ausnutzung der Sicherheitslücke im Zusammenhang mit der WPS-Funktionalität erwähnt. Damit ist auch die Möglichkeit des Zugriffs unbefugter Dritter auf den Anschluss der Klägerin ausgeschlossen, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Täterschaft der Klägerin auszugehen ist (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 15 – „BearShare“; GRUR 2016, 191 Rn. 48 – „Tauschbörse III“).

Die Klägerin ist damit zu Recht zur Unterlassung, zum Schadensersatz und zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten verurteilt worden. Die Schadensberechnung des Landgerichts und deren Grundlagen greift die Klägerin nicht konkret an, so dass die Verurteilung der Klägerin auch der Höhe nach Bestand hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr 10, § 713 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs 2 Nr 2 ZPO.

Streitwert: bis 12.000,00 EUR (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)
(…)

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OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2016, Az. I-20 U 151/14

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