WALDORF FROMMER: Sachverständigengutachten attestiert erneut ordnungsgemäße Ermittlung – Amtsgericht Saarbücken verurteilt Anschlussinhaber aufgrund seines unplausiblen Vortrags

18:31 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlicher Filmaufnahmen

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrücken hatte sich der beklagte Anschlussinhaber mit dem Einwand zu verteidigen versucht, dass er sich zum Verletzungszeitpunkt zusammen mit seinem Lebensgefährten außer Haus auf einer Party aufgehalten habe und der einzige im Haushalt befindliche Computer ausgeschaltet gewesen sei. Da somit niemand Zugriff auf den Internetanschluss habe nehmen können, seien die Ergebnisse des Ermittlungssystems „Peer-to-Peer Forensic System (PFS)“ wohl fehlerhaft und es müsse sich um eine „Verwechslung“ handeln.

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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge

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Nach Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens zu dem verwendeten Ermittlungssystem stand jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt ist.

„Die Klägerseite hat nachgewiesen, dass der Film über die gegenständliche IP-Adresse zu dem Vorwurfszeitraum in einem Peer-to-Peer-Netzwerk angeboten wurde. Nach dem Gutachten des Sachverständigen […] ist das eingesetzte Ermittlungssystem der ipoque GmbH, zwischenzeitlich Digital Forensics, zur Ermittlung des betreffenden Verstoßes geeignet.“

Auch etwaigen Spekulationen hinsichtlich eins Fehlers in der Beauskunftung durch den Internetprovider des Beklagten erteilte das Gericht eine Absage.

„Weiter steht fest, dass die festgestellte IP Adresse zum Vorfallszeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden kann. Denn die Klägerin hat im Beauskunftungsverfahren zu zwei verschiedenen Zeitpunkten die IP Adresse beauskunften lassen. Zu beiden Zeitpunkten war diese dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Im Beauskunftungsverfahren hat das Landgericht München keine Fehler der Auskunft moniert. Auch der Beklagte hat das Beauskunftungsverfahren selbst nicht angegriffen. Die Feststellungen aus diesem Verfahren gelten mithin als erwiesen. […]

Der Fehler, den der Sachverständige insofern theoretisch dennoch für möglich hält, ist ein Divergieren der Zeitstempel in den Datenbanken von ipoque und [Providername] um Millisekunden, so dass zum Beauskunftungszeitpunkt die festgestellte dynamische Adresse gerade dem Beklagten zugewiesen wurde, unmittelbar bevor oder nachdem der Verstoß unmittelbar zuvor von einem anderen Nutzer von [Providername] begangen wurde, dem diese IP-Adresse zuvor oder danach zugewiesen war.

Bei einer sehr großen Zahl von dynamischen IP-Adressen, die der Provider […] seinen Kunden beim Einloggen zuweist, wäre es im Ergebnis schon völlig unwahrscheinlich, dass dem Beklagten 2x hintereinander dieselbe Adresse zugewiesen wird. Fast sicher ausgeschlossen ist es aber, dass der Beklagte zufällig bei der ersten Beauskunftung gerade unmittelbar vor und bei der zweiten Beauskunftung unmittelbar nach dem Verstoß eines Dritten falsch beauskunftet wird. Denn mit einer Gangdifferenz beider Systeme wäre dies nicht mehr zu erklären, da die Fehlzuordnung in einem Fall zu früh, im zweiten aber zu spät erfolgt sein müsste.

lm Übrigen hat die ipoque GmbH den Mitschnitt mit derselben IP-Adresse für die gesamte benannte Dauer festgestellt. Damit ist im Sinne des § 286 ZPO festgestellt, dass die IP Adresse im gesamten Verstoßzeitraum dem Beklagtenanschluss zuzuordnen ist. lm Ergebnis kann der theoretisch denkbare Fehler bezüglich der Zeitdatenbanken daher auch ausgeschlossen werden.“

Auf Basis der ordnungsgemäßen Ermittlung der Rechtsverletzung kam das Gericht zu dem Schluss, dass der gesamte Vortrag des Beklagten unplausibel ist. Denn nach dem Vorbringen des Beklagten war es ausgeschlossen, dass die Rechtsverletzung über seinen Anschluss stattgefunden hätte. Denn weder er selbst noch sein Lebensgefährte hätten die Rechtsverletzung begangen, so der Beklagte. Weitere Nutzer des Internetanschlusses hat es zum fraglichen Zeitpunkt jedoch nicht gegeben.

Daher haftet der Beklagte als Anschlussinhaber für die über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung, so das Gericht in seinen Urteilsgründen. Der Verweis auf eine vermeintliche Ortsabwesenheit sei jedenfalls nicht geeignet, die gegen den Anschlussinhaber streitende tatsächliche Vermutung zu entkräften.

Der Beklagte hat nunmehr nicht nur Schadenersatz zu zahlen und die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten. Er hat vielmehr auch für die Kosten des Rechtsstreits (inkl. Reisekosten sowie der Kosten des Sachverständigengutachtens) in Gesamthöhe von über 9.000,00 EUR aufzukommen.

 

AG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2016, Az. 121 C 34/15 (09)

 

(…)
– Ausfertigung –

121 C 34/15 (09)

Verkündet am 06.07.2016
[Name], Richter am Amtsgericht
als Richter am Amtsgericht

Amtsgericht Saarbrücken

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

[Name]
Klägerin

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Waldorf und Kollegen, Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name]
Beklagter

Prozessbevollmächtigter: [Name],

wegen Urheberrechtsverletzung

hat das Amtsgericht Saarbrücken durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2016 am 06. Juli 2016

für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 03.11.2014 bleibt aufrecht erhalten.
2. Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung am [Datum] durch Filesharing betreffend das Werk [Name]. Die Klägerin vertreibt Filme; der Beklagte ist Individualperson.

Der Film ist aktuell in dem Sinne, dass seine Erstveröffentlichung auf DVD in Deutschland weniger als 6 Monate vor dem [Datum] erfolgte.

Die Klägerin hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt. Der Beklagte hat die angeforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung uneingeschränkt abgegeben, den eingeforderten Schadenersatz und die Anwaltskosten der Abmahnung indes nicht bezahlt, dies trotz mehrerer Mahnungen.

Die Klägerseite macht neben 600,00 EUR Schadenersatz 506,00 EUR Anwaltskosten für die Abmahnung, nämlich eine 1,0 Gebühr aus 10.000,00 EUR Streitwert geltend.

2.

Die Klägerin behauptet, ihr stünden aus einer Urheberrechtsverletzung des Beklagten 600,00 EUR an Schadenersatz zu. Sie habe die exklusiven Urheberrechte für Deutschland an dem betreffenden Werk nach §§ 16, 17, 19a UrhG, vor allem in Bezug auf Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung Sie legt eine Farbkopie der DVD-Hülle und der DVD selbst, sowie ein Werkstück der DVD vor.

Der Preis pro legalem Download habe mim Durchschnitt bei 8,00 EUR gelegen, bei aktuellen Werken bis zu 6 Monate nach deren Erstveröffentlichung bei 13,99 EUR inkl. MwSt. bzw. 11,76 EUR ohne MwSt. Eine Lizenz für einen solchen Download erlöse 50% des Nettoverkaufspreises, also 5,88EUR (50% von 11,76 EUR).

Die ipoque GmbH, Neumarkt 29 – 33, 04109 Leipzig, habe festgestellt, dass über die IP-Adresse [IP] am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr eine Datei mit dem Hashwert des Filmwerks in einem BitTorrent-Netzwerk (Tauschbörse) zum Download angeboten worden sei.

Das Gestattungsverfahren vor dem Landgericht [Name] habe die Auskunft erbracht, dass diese IP-Adresse [Provider] zugewiesen war; [Provider] habe für zwei angefragte Zeitpunkte ([Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr an diesem Tag) den Beklagten unter der Adresse [Anschrift] als Anschlussinhaber beauskunftet.

Die Beklagtenseite sei mithin für die in dieser Zeit getätigten Downloads ersatzpflichtig, auch soweit diese nur teilweise erfolgten, sowie für die Derivate dieser Downloads und deren Derivate. In Tauschbörsen fanden Filme eine exponentielle Verbreitung.

Sie beantragt,
wie erkannt.

3.

Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids abzuweisen.

Er behauptet, weder er noch sein Lebenspartner seien zum Tatzeitpunkt zu Hause gewesen. Beide schieden als Täter aus.

4.

Dem streitigen Verfahren ging ein Vollstreckungsbescheid voraus. Darin sind 600,00 EUR Schadenersatz, 506,00 EUR Anwaltskosten für die Abmahnung und 228,00 EUR Rechtsanwaltskosten ausgeurteilt. Der Vollstreckungsbescheid wurde dem Beklagten am 06.01.2015 zugestellt; Einspruch ging am 08.01.2015 ein. Aufgrund eines Verwaltungsfehlers wurde das Mahnverfahren zunächst in zwei Verfahren aufgeteilt; diese wurden durch Verbindung zusammengelegt.

Auf die gewechselten Schriftsatze wird ergänzend verwiesen.

Das Gericht hat den Beklagten angehört und ein Gutachten des Sachverständigen eingeholt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist zulässig, insbesondere nicht verfristet.

II.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das AG Saarbrücken nach § 104a, 105 UrhG zuständig.

III.

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

1.

Der Beklagte der Klägerin in ausgeurteiltem Umfang auf Schadenersatz als Täter einer Urhebernebenrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung von Filmwerken nach §§ 89 Abs. 1, 94 Abs. 1, 97 Abs. 2, 19a UrhG.

a)

Die Klägerin hat die ausschließlichen Nutzungsrechte §§ 16, 17, 19a UrhG an dem gegenständlichen Filmwerk.

Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin Filmherstellerin des betreffenden Filmwerks ist oder diese Rechte im Sinne des § 89 Abs. 1 UrhG eingeräumt erhalten hat, jeweils in dem Sinne, dass ihr nach § 94 Abs. 1 UrhG die für einen Schadenersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG notwendigen Ausschließlichkeitsrechte zustehen.

Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin hinreichende Indizien für die Rechteinhaberschaft vorgelegt hat. Insbesondere hat sie die Kopie eines DVD Covers sowie später die DVD selbst nebst Hülle vorgelegt. Auf diesen Werkstücken ist die Klägerin durch ein „©“ als Inhaberin der Urheberrechte ausgewiesen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Indizien ausreichen, die Wirkungen des § 10 UrhG unmittelbar auszulösen. Zweifel daran bestehen weiterhin, weil die DVD-Rechte separat von den sog. Internet-Rechten, also den Aufführungs- bzw. digitalen Vervielfältigungsrechten, vermarktet werden können.

Denn es liegt technisch ein Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO mangels konkreten Bestreitens vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Vorlage von Indizien auf die Rechteinhaberschaft durch denjenigen, der die Rechteinhaberschaft behauptet, wenigstens zu einer Verschiebung der Vortragslast, nämlich dazu, dass ein pauschales Bestreiten der Rechteinhaberschaft durch den möglichen Verletzer nicht mehr ausreicht. Es bedarf in solchen Fällen vielmehr eines konkreten Bestreitens der Rechteinhaberschaft, wobei sich der Grad der Konkretheit des Bestreitens am Grad der Konkretheit des Vortrags zu orientieren hat. Im gegenständlichen Fall wäre es Sache des Beklagten gewesen, öffentlich zugängliche Datenbanken zu benennen, welche einen anderen Urheber als die Klägerin benennen.

Die Beklagtenseite hat die Rechteinhaberschaft der Klägerin indes nur pauschal bestritten. Sie hat auch die Echtheit der DVD-Hülle nicht bestritten; dies reicht nicht aus, um den Anscheinsbeweis zu entkräften. Im Übrigen weisen auch öffentlich zugängliche Quellen wie etwa „www.amazon.de“ die Klägerin als Rechteinhaberin aus.

b)

Der gegenständliche Film hat die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr, 6 UrhG erreicht. Es handelt sich um einen Zeichentrickfilm mit einer Spieldauer von mehr als 80 Minuten.

c)

Die Klägerseite hat nachgewiesen, dass der Film über die gegenständliche IP-Adresse zu dem Vorwurfszeitraum in einem Peer-to-Peer-Netzwerk angeboten wurde. Nach dem Gutachten des Sachverständigen [Name] ist das eingesetzte Ermittlungs-System der ipoque GmbH, zwischenzeitlich Digital Forensics, zur Ermittlung des betreffenden Verstoßes geeignet. Die Netzwerkkarte protokolliere passiv den vollständigen Datentransfer zwischen dem Agent-Provokateur-Client und dem Täter-Client. Aus den so festgestellten Protokolldateien habe der Sachverständige ermitteln können, dass tatsächlich das gegenständliche Werk zum Download angeboten worden sei. Die einzelnen heruntergeladenen Datenpakete hätten festgestellt werden können. Zusammengesetzt hätten sie das gegenständliche Werk ergeben. Es stehe aufgrund des Mitschnitts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass über die o.g. IP Adresse das gegenständliche Werk angeboten worden sei.

Der Sachverständige lässt nur drei Möglichkeiten offen, welche dem Anschluss des Beklagten fehlerhaft die Verbindung zuschrieben. Ausscheiden kann dabei der Betrieb eines Anonymisierungsservers oder Proxyservers wie Tor. Dazu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Ebenso kann der Betrieb eines ungesicherten WLAN’s ausscheiden. Denn auch dazu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Auch die letzte Möglichkeit einer Fehlzuordnung scheidet aus; diese liegt indes nicht in einem Fehler des, sondern betrifft den folgenden Punkt der Beauskunftung.

Die Beklagtenseite hat das Gutachten technisch nicht angegriffen Der Gutachter hat bislang weder Gutachten der Rechteinhaberseite, noch der Abwehrseite erstattet. Er ist bei der IHK München vereidigt und erstattet Gutachten für Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland. Weder seine Sachkompetenz noch seine Neutralität unterliegen damit Anfechtungen. Der technische Inhalt des Gutachtens war nach vollziehbar, so dass sich das Gericht das Gutachten vollumfänglich zu Eigen macht.

d)

Weiter steht fest, dass die festgestellte IP Adresse zum Vorfallszeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden kann. Denn die Klägerin hat im Beauskunftungsverfahren zu zwei verschiedenen Zeitpunkten die IP Adresse beauskunften lassen. Zu beiden Zeitpunkten war diese dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Im Beauskunftungsverfahren hat das Landgericht München keine Fehler der Auskunft moniert Auch der Beklagte hat das Beauskunftungsverfahren selbst nicht angegriffen Die Feststellungen aus diesem Verfahren gelten mithin als erwiesen.

Der Fehler, den der Sachverständige insofern theoretisch dennoch für möglich hält ist ein Divergieren der Zeitstempel in den Datenbanken von ipoque und [Name] um Millisekunden, so dass zum Beauskunftungszeitpunkt die festgestellte dynamische Adresse gerade dem Beklagten zugewiesen wurde, unmittelbar bevor oder nachdem der Verstoß unmittelbar zuvor von einem anderen Nutzer von [Name] begangen wurde, dem diese IP-Adresse zuvor oder danach zugewiesen war.

Bei einer sehr großen Zahl von dynamischen IP-Adressen, die der Provider – in diesem Falle [Provider] – seinen Kunden beim Einloggen zuweist, wäre es im Ergebnis schon völlig unwahrscheinlich, dass dem Beklagten 2x hintereinander dieselbe Adresse zugewiesen wird. Fast sicher ausgeschlossen ist es aber, dass der Beklagte zufällig bei der ersten Beauskunftung gerade unmittelbar vor und bei der zweiten Beauskunftung unmittelbar nach dem Vorstoß eines Dritten falsch beauskunftet wird. Denn mit einer Gangdifferenz beider System wäre dies nicht mehr zu erklären, da die Fehlzuordnung in einem Fall zu früh im zweiten aber zu spät erfolgt sein müsste. Im Übrigen hat die ipoque GmbH den Mitschnitt mit derselben IP-Adresse für die gesamte benannte Dauer festgestellt. Damit ist im Sinne des § 286 ZPO festgestellt, dass die IP Adresse im gesamten Verstoßzeitraum dem Beklagtenanschluss zuzuordnen ist.

Im Ergebnis kann der theoretisch denkbare Fehler bezüglich der Zeitdatenbanken daher auch ausgeschlossen werden.

e)

Die klagende Partei konnte der beklagten Partei auch die Täterschaft einer Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 2 UrhG in dem Sinne nachweisen, dass sie vorsätzlich oder fahrlässig das dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht für Filmhersteller dadurch verletzt hat, dass sie dem ausschließlichen Recht der klagenden Partei auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zuwider gehandelt hat. Die klagende Partei konnte nachweisen, dass die beklagte Partei das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich gemacht hätte, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich war.

aa)

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, tragen die Rechteinhaber „nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte zu 1 Täter oder Teilnehmer der von ihnen behaupteten Urheberechtsverletzung ist.“ (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 -, juris – „Morpheus“, Rn, 32).

bb)

Ihrer Darlegungslast ist die klagende Partei nachgekommen, nachdem sie vortrug, die Rechtsverletzung sei über den Anschluss des Beklagten erfolgt. Mehr kann ein Rechteinhaber typischerweise im ersten Schritt nicht vortragen, denn ihm ist der Blick in die familiären und Wohnverhältnisse eines Anschlussinhabers verwehrt.

cc)

Aus dem Sachvortrag des Beklagten folgt indes bereits ein Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO. So nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass den in Anspruch genommenen Inhaber eines DSL-Anschlusses eine sekundäre Darlegungslast trifft, wenn – nach den üblichen prozessual Regeln des Zivilprozesses feststeht, dass eine Rechtsverletzung über seinen Anschluss erfolgte:

„16 cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 – „Sommer unseres Lebens“); dieser hat er jedoch entsprochen.

17 (1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstande und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – I ZR 140/10, GRUR 2012 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 -“ Vorschaubilder II“, mwN). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses erfüllt.

18 (2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 – 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246, LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München 1, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 61/12, „TranspR“ 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR 2013, 396).“ (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. „Morpheus“).“

(BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 – I ZR 169/12 -, juris – „BearShare“, Rn. 16-18)

Der in Anspruch Genommene genügt also seinen Pflichten nur, wenn er (1) die zugangsberechtigten Personen benennt, die (2) als Täter in Betracht kommen, und (3) die Nachforschungen wie im Transportrecht anstellt. Dabei sind die Einzelheiten rechtlich höchst umstritten.

Der Beklagte hat aber keinen Infrage kommenden Dritten benannt. Zwar gab er an, mit einem Lebenspartner zusammen zu wohnen. Diesen schloss er als Täter aber aus Auch hat er keine Nachforschungen angestellt, als es zur Abmahnung kam. Jedenfalls hat er nichts dergleichen vorgetragen.

dd)

Die klagende Partei wäre im übrigen auch ihrer o.g. Beweislast nachgekommen.

(1) So greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung gegen den Inhaber eines Internetanschlusses:

„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 12 Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 – „Sommer unseres Lebens“). Da die Beklagten Inhaber des Internetanschlusses sind, über den die Musikstücke nach Darstellung der Klägerinnen in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurden, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie für die von den Klägerinnen behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich sind.“

(BGH, Urteil vom 15. November 2012  I ZR 74/12 -, juris – „Morpheus“, Rn. 33).

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts greift diese Vermutung grundsätzlich Platz, und zwar unabhängig davon, ob der Internetanschluss von einer alleinstehenden Person, in einer Familie oder in einer Wohngemeinschaft betrieben wird. Da die beklagte Partei eingeräumt hat, zur relevanten Zeit Inhaber des Internetanschlusses gewesen zu sein, streitet die genannte Vermutung grundsätzlich für die klagende Partei.

(2)

Der Beklagtenseite ist es nicht gelungen, die Vermutung zu entkräften. Der Vollbeweis der Ausnahme von der Vermutung hätte dabei der beklagten Partei oblegen. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden.

„Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – 1 ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 – Sommer unseres Lebens) oder – wie hier – bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. – „Morpheus“).“

(BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 – I ZR 169/12 -, juris – „BearShare“, Rn. 15)

Aus dieser Formulierung blieb offen, welche Partei notfalls welche Behauptung beweisen muss.

Nach der vom Bundesgerichtshof in Morpheus (aao) gewählten Formulierung „tatsächliche Vermutung“ kann es sich bei dieser Beweiserleichterung für den Rechteinhaber nicht lediglich um eine wegen typischen Geschehensablaufs nach allgemeiner Lebenserfahrung vorliegende Anscheinsbeweisregel handeln, deren Eingangstatsache die Inhaberschaft eines Internetanschlusses ist.

Die Regeln für den Beweis prima fade (z.B. bei Thomas / Putzo, ZPO, § 286, Rn. 12ff.) können also nicht unmittelbar gelten Der Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, dass die gegnerische Partei konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist (BGHZ 8, 239), aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs ergibt (vgl. BGH VersR 1995, 723 zur Frage der Ernsthaftigkeit). Alternativ können die Eingangstatsachen des Anscheinsbeweises bestritten werden.

Aus der im Vergleich zum Anscheinsbeweis stärkeren „Vermutung“ folgt jedenfalls, dass die Anforderungen für eine Erschütterung diejenigen für eine Erschütterung des Beweis des ersten Anscheins nicht unterschreiten dürfen. Damit ist ausgeschlossen, dass die in Anspruch genommene Partei die Vermutung durch den bloßen streitigen Vortrag von alternativen Umständen entkräften kann. Allerdings erfordert die Entkräftung der Vermutung nicht zwingend den Vollbeweis des Gegenteils – also die Widerlegung der Täterschaft – nach § 286 Abs. 1 ZPO.

Es bedarf und genügt zur Erschütterung der Vermutung, dass die in Anspruch genommene Partei Beweis dafür führt, dass eine Ausnahme vorliegt. Den Unterschied zwischen Vermutung und Beweis des ersten Anscheins sieht das Gericht darin, dass nicht jede ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs zur Entkräftung der Vermutung ausreicht; vielmehr bedarf es hierzu des Vollbeweises einer Ausnahme, also einer die Vermutung ausschließenden Situation, wie sie durch die Rechtsprechung definiert wurden. Das erkennende Gericht versteht den Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 -I ZR 169/12 -, juris – BearShare, Rn. 15) so, dass bislang nur die Zurverfügungstellung an konkret in Betracht kommende Dritte und die unzureichende Absicherung des WLAN solche die Vermutung ausschließende Ausnahmen darstellen.

Zu beiden Alternativen hat der Beklagte indes nichts vorgetragen. Seinen Lebensgefährten hat er als Täter ausgeschlossen. Von einem offenen WLAN hat er nicht berichtet.

(3)

Dass der Beklagte behauptet, er sei zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung nicht zugegen gewesen, erschüttert die Vermutung demgegenüber nicht.(vgl. OLG Köln, Urteil vom 18. Oktober 2013 – 6 U 93/13 -, Rn. 10, juris, Rn. 13). Der entsprechende Beweis war nicht zu erheben Denn PCs sind programmierbar. Die denkbare kurzfristige Abwesenheit des Beklagten von seinem PC im Tatzeitraum vermag die Vermutung daher nicht zu entkräften.

f)

Der Schadenersatz von 600,00 EUR ist – geschätzt nach § 287 ZPO -für ein Filmwerk in den ersten 6 Monaten nach Veröffentlichung angemessen; er folgt aus der Lizenzanalogie und der Überlegung, dass während des festgestellten Verstoßzeitraums der Download durch eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern möglich war. Das Gericht folgt dabei den Erwägungen, die auch das LG Bochum angestellt hat:

„35 Für die illegale Zurverfügungstellung eines Filmwerks im Internet schatzt die Kammer den zu zahlenden Schadensersatz auf 600,00 Euro.

36 Um den Lizenzschaden zu bestimmen, ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (BGH, Urteil vom 26.03.2009 – I ZR 44/06). Der Schaden bemisst sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie.

37 Für die kostenlose und unkontrollierte Weiterverbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Wege des Filesharings in lnternettauschbörsen existiert keine marktübliche Lizenz. Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gern § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung des Tatrichters zu bemessen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14).

(LG Bochum, Urteil vorn 18. März 2016 -1-5 S 165/15, 5 S 165/15 -, Rn. 35, juris)“

2.

Der Klägerin stehen Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 UrhG Abmahnkosten in erkannter Hohe aus § 249 BGB zu. Sowohl der Streitwert von 10.000,00 EUR als auch die 1,0 Gebühr erweisen sich nicht als Überzogen. Die Deckelung der Abmahngebühren tritt schon deshalb nicht ein, weil es sich gegenständlich nicht nur um einen unberechtigten Download, sondern um ein Zurverfügungstellen handelte. Das OLG Köln, Urteil vom 18. Oktober 2013 – 6 U 93/13 -, Rn 14, juris, ging sogar von 15.000,00 EUR aus.

3.

Die weiter ausgeurteilten vorgerichtlich Anwaltsgebühren folgen aus Verzug, § 286 BGB.

4.

Die Zinsen folgen aus der unerlaubten Handlung, sowie aus §286, 288 BGB.

IV.

Die weiteren Kosten waren dem Beklagten nach § 91, 344 ZPO aufzuerlegen

V.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Saarbrücken,
Franz-Josef-Röder-Straße 15,
66119 Saarbrücken.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richter am Amtsgericht
(…)

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AG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2016, Az. 121 C 34/15 (09)

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