NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Durchsetzung von Filesharing Rechtsverletzungen auch im Ausland

23:35 Uhr

Nimrod Rechtsanwälte Bockslaff Strahmann GbR konnten vor dem Landgericht Berlin einen wichtigen Sieg erringen, indem Ansprüche eines deutschen Mandanten aus einer Rechtsverletzung an einem Computerspiel gegen einen französischen Staatsbürger, der in Frankreich wohnt, durchgesetzt werden konnten.

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NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR

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Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2018/01/10/durchsetzung-von-filesharing-rechtsverletzungen-auch-im-ausland/

Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-content/uploads/2018/01/09012018135752916.pdf

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Das Gericht begründet seine Entscheidung, es sei das zuständige Gericht mit folgendem:

„Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 65/14, GRUR 2016,946 Rn. 14 gleich WRP 2016,958 – Freunde finden), ergibt sich aus Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-1A-VO. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

(…)

Die Klage betrifft Ansprüche aus (wegen) einer unerlaubten Handlung, die sowohl in Deutschland begangen wurde als auch deren Taterfolg eingetreten ist sowie die vorgerichtlichen Anwendung getätigt worden sind.

Es ist der Gerichtsstand des § 32 ZPO eröffnet. Als Annexzuständigkeit fällt darunter auch der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Kosten für das anwaltliche Abmahnschreiben.“

Zu dem anwendbaren Recht schreibt das Gericht: anwendbar ist nach Art. 8 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 der Rom-II Verordnung das deutsche materielle Recht, weil nach Darlegung der Klägerin die aus dem beanstandeten Verhalten folgende Beeinträchtigung der deliktsrechtlichen Urheber-und Leistungsschutzinteressen in Deutschland eingetreten war.

 

 

LG Berlin, Urteil vom 15.12.2017, Az.15 O 218/16

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

 

Landgericht Berlin

Im Namen des Volkes

Versäumnisurteil

 

Geschäftsnummer: 15 O 281/16

zugestellt an: [Name]

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Nimrod Rechtsanwälte, Emserstraße 9, 10719 Berlin, –

gegen

das minderjährige Kind [Name],
vertreten durch seine gesetzlichen Vertreter,
[Namen],
Beklagter,

 

hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12 – 17, 10179 Berlin, im schriftlichen Vorverfahren am 15.12.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] und die Richter am Landgericht [Name] und [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, das Computerspiel „Landwirtschaftssimulator 2015“ insbesondere in sogenannten P2P-Netzwerken öffentlich zugänglich zu machen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 12.08.2017 freizustellen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 510,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu zahlen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat.

 

Tatbestand

Die Spielesoftware „Landwirtschaftssimulator 2015“ wurde von der Ginat Software GmbH entwickelt und an die Klägerin einschließlich der Onlinerechte u.a. für Deutschland, Österreich und die Schweiz lizenziert.

Der Beklagte war als mindestens 12 Jahre alter Austauschschüler am 03.04.2015 zu Gast bei dem Zeugen [Name], der dem Beklagten seinen Internetzugang zur Verfügung stellte. Von diesem Internzugang wurde am 03.042015 um 19:58:35 CEST das o.g. Spiel von dem Beklagten in einem sog. P2P-Netzwerk zum Upload bereit gestellt. Eine anwaltliche Abmahnung blieb vergeblich.

Die Klägerin sieht in der öffentlichen Zugänglichmachung auf einer Internet-Tauschbörse eine schuldhafte Urheberrechtsverletzung, wegen der sie Unterlassung, Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten sowie Ersatz des Lizenzschadens geltend macht.

Sie beantragt,
den Beklagten durch Versäumnisurteil zu verurteilen, was erkannt ist, dabei Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Der Beklagte verteidigt sich,
zur Sache angehört, nicht.

Die Klage ist am 11.08.2017 zugestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, so dass gemäß § 331 ZPO gegen den sich nicht verteidigenden Beklagten auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden war.

I.

Die Klage ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 65/14, GRUR 2016, 946 Rn. 14 = WRP 2016, 958 – Freunde finden), ergibt sich aus Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-la-VO. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

Der Beklagte ist in Frankreich ansässig und hat somit seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats.

Die Klage betrifft Ansprüche aus (wegen) einer unerlaubten Handlung, die sowohl in Deutschland begangen wurde als auch deren Taterfolg hier eingetreten ist sowie die vorgerichtlichen Aufwendungen getätigt worden sind.

Es ist der Gerichtsstand des § 32 ZPO eröffnet. Als Annexzuständigkeit fällt darunter auch der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Kosten für das anwaltliche Abmahnschreiben.

II.

Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 97, 69c Nr. 4, 19a UrhG zu.

Anwendbar ist nach Art. 8 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 der Rom-II-Verordnung das deutsche materielle Recht, weil nach Darlegung der Klägerin die aus dem beanstandeten Verhalten folgende Beeinträchtigung der deliktsrechtlichen Urheber- und Leistungsschutzinteressen in Deutschland eingetreten war.

Die Klägerin ist als ausschließliche Lizenznehmerin des Softwareherstellers aktivlegitimiert, § 69b UrhG.

Der Beklagte ist als Täter der Urheberrechtsverletzung, die in einer widerrechtlichen öffentlichen Zugänglichmachung der Spielsoftware im Wege des Filesharing in einen P2P-Netzwerk liegt (§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG), passivlegitimiert.

Der Beklagte hatte auch seinem Lebensalter zur Tatzeit auch die nach § 828 BGB zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht.

Die für den Unterlassungsanspruch als Voraussetzung erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Verletzungsgeschehen ; sie hätte nur durch Abgabe einer straf bewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH GRUR 1985, 155, 156 – Vertragsstrafe bis zu … I – m.w.N.).

III.

Ferner steht der Klägerin nach § 97 Abs. 2 UrhG ein Schadensersatzanspruch auf den sog. Lizenzschaden zu, den die Kammer nach § 287 ZPO auf 510,00 EUR schätzt. Die widerrechtliche Zugänglichmachung des Spiels über Filesharing-Plattformen führt u.a. zu einer Marktverstopfung und – durch Weitergabe – zu einer Multiplizierung des Verletzungserfolges.

Der Beklagte handelte schuldhaft, nämlich mindestens bedingt vorsätzlich, denn die Teilnahme an derartigen P2P-Netzwerken erfordert zunächst die Installation einer entsprechenden Kommunikationssoftware.

IV.

Schließlich hat die Klägerin gegen den Beklagten nach § 97a Abs. 3 UrhG einen Befreiungsanspruch wegen der vorgerichtlichen Abmahnkosten.

Aus den vorstehend genannten Gründen war die Abmahnung dem Grunde nach berechtigt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich. Die Abmahnung lag auch im mutmaßlichen Willen des Beklagten, da ihm dadurch die kostengünstige Gelegenheit gegeben wurde, den Rechtsstreit ohne Anrufung eines Gerichts beizulegen. Die Anwaltskostenrechnung ist fällig.

Die geltend gemachten Aufwendungen sind auch der Höhe nach erstattungsfähig. Sie bestehen aus der 1,3 Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts der Klägerin (§§ 2, 13, Nr. 2300 W RVG) nebst Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 W RVG. Der angesetzte Gegenstandswert von 35.000,00 EUR ist sachlich angemessen, denn er besteht aus dem Gegenstandswert für das Unterlassungsverlangen – es geht um die zur Tatzeit aktuelle Spieleversion – und des Schadensersatzverlangens.

V.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288, 291 BGB.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 339 Abs. 2, 708 Nr. 2 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie Einspruch einlegen.

1. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Einspruch einlegen?

Der Einspruch muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin

eingelegt werden.

Die Einspruchsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Einspruch gegen diese Entscheidung eingelegt wird.

Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu benennen.

In der Einspruchsschrift sind Angriffs- und Verteidigungsmittel (d.h. das gesamte Vorbringen, das der Durchsetzung bzw. Abwehr des geltend gemachten Anspruchs dient), soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens gerichteten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen.

Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt das Gericht sie nur zu, wenn dies nach der Überzeugung des Gerichts den Rechtsstreit nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.

3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Der Einspruch ist innerhalb von einen Monat einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

[Name] [Name] [Name]

Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 02.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig. (…)

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LG Berlin, Urteil vom 15.12.2017, Az.15 O 218/16

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